Schick kritisiert Spahn: Aussagen zu Hartz IV unüberlegt
Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick kritisiert die Hartz-IV-Äußerungen des neuen CDU-Gesundheitsministers Jens Spahn. Die Aussagen seien "von der Wirklichkeit nicht gedeckt und unüberlegt", sagte Schick der "Augsburger Allgemeinen" (Mittwoch). Zudem sprach er sich für eine Anhebung der Sozialleistung aus: "Hartz IV reicht gerade zum Überleben. Wenn dann zum Beispiel die Waschmaschine in einem Hartz-IV-Haushalt kaputt geht, reicht es schon nicht mehr; von der Rente ganz zu schweigen."
Spahn hatte zuvor erklärt, Hartz IV bedeute nicht Armut, sondern sei die Antwort der Solidargemeinschaft auf Armut. "Damit hat jeder das, was er zum Leben braucht." Er äußerte sich in den Zeitungen der Funke Mediengruppe zur Debatte um den vorübergehenden Aufnahmestopp der Essener Tafel für Ausländer. "Niemand müsste in Deutschland hungern, wenn es die Tafeln nicht gäbe", sagte er. Deutschland habe "eines der besten Sozialsysteme der Welt".
Nach Schicks Einschätzung besteht das Grundproblem darin, "dass wir zu viele Menschen in Deutschland haben, die auf Hartz IV und auf Tafeln angewiesen sind". Dies müsse sich ändern. Er erhoffe sich von der großen Koalition eine Erhöhung der Hartz-IV-Sätze, die nicht entsprechend der Lebenshaltungskosten stiegen, sowie mehr Hilfen, um "aus Hartz IV herauszukommen".
"Mit jedem einzelnen rassistischen Thema beschäftigen"
Schick forderte im Gespräch mit der "Augsburger Allgemeinen" außerdem eine härtere Auseinandersetzung der Kirche mit der AfD. "Wir müssen uns mit jedem einzelnen rassistischen Thema und jeder populistischen Äußerung beschäftigen, und das unmissverständlich." Aussagen mancher AfD-Politiker seien nicht mit dem christlichen Menschenbild vereinbar; "etwa wenn Björn Höcke davon spricht, dass die Evolution Afrika und Europa 'zwei unterschiedliche Reproduktionsstrategien beschert' habe; oder wenn Andre Poggenburg eine ganze Bevölkerungsgruppe als 'Kümmelhändler' abwertet."
Der Erzbischof betonte zugleich, dass Pauschalisierungen in der Auseinandersetzung nicht weiterführten. "Die AfD hat rechtsradikale Populisten in ihren Reihen; allzu Rechtsradikale schließt sie teilweise auch selber aus", so Schick. "Wir müssen bei der einzelnen Person und ihren Aussagen ansetzen und dann diskutieren - nur so können wir Populismus überwinden." Dabei sei es für die Kirche entscheidend, sich nicht vereinnahmen zu lassen. "Wir müssen aufpassen, dass AfD-Anhänger unsere Aussagen nicht verdrehen und eventuell als Zustimmung verbuchen", betonte Schick. (bod/KNA)