Thomas Jansen über offene Ohren für Kritik

Die Kirche braucht eine Beschwerde-Hotline

Veröffentlicht am 04.01.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Thomas Jansen über offene Ohren für Kritik

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Bei uns in der Redaktion rufen regelmäßig Leute an, die ihrer Verbitterung, ihrem Ärger und ihrer Wut über die katholische Kirche Luft machen wollen. Vieles, aber nicht alles klingt einseitig, unfair oder verzerrt. Bisweilen überschreiten sie auch die Grenze zur persönlichen Beleidigung. Ich weise dann höflich daraufhin, dass sie bei uns an der falschen Adresse sind. Manchmal empfehle ich ein Gespräch mit dem örtlichen Geistlichen oder eine Kontaktaufnahme mit der Deutschen Bischofskonferenz. Doch eigentlich weiß ich schon während ich dies sage, dass die Vorschläge in den Wind gesprochen sind.

Aber warum gibt es kein katholisches Call-Center für Kirchen-Beschimpfer? Ein Dutzend Telefonisten, die sich rund um die Uhr Hasstiraden und Wutausbrüche über Pfaffen und Kirchensteuer-Abzocke anhören? Wäre das nicht ein beredtes Zeichen für eine Kirche, die an die Ränder der Gesellschaft geht, wie es Papst Franziskus wünscht?

Ja, man kann mit gutem Recht sagen, die katholische Kirche in Deutschland muss sich nicht jeden Schuh anziehen: Auch sie darf wie jede andere Institution erwarten, dass Kritik sachlich vorgetragen wird. Aber wer, wenn nicht die Kirche, soll solchen Leuten sonst ein offenes Ohr schenken, die andernorts meist sofort als Spinner abgetan werden?

Ja, man kann auch sagen, für solche Fälle gibt es bereits die kirchliche Telefonseelsorge. Aber dort rufen solche Leute in der Regel nicht an. Sie wollen sich ja gerade nicht beraten lassen.

Und schließlich kann man auch argumentieren: Die katholische Kirche in Deutschland, die gibt es ja eigentlich gar nicht, es gibt nur 27 Bistümer, die weitgehend in eigener Regie handeln. Doch jeder, der schon mal einen solchen Anrufer in der Leitung gehabt hat, weiß: Solche Leute sind nicht über das Bistum XY verbittert, sondern eben über die katholische Kirche.

Man kann sich aber auch mal eine Frage stellen: Was bringt solche Leute dazu, derart über die Kirche zu schimpfen, so ungerechtfertigt dies auch erscheinen mag? Niemand wird schließlich mit einer Kirchen-Allergie geboren.

Wie schön wäre es, wenn ich den nächsten Anrufer mit dem Call-Center der katholischen Kirche in Deutschland verbinden könnte. "Wenn Sie damit einverstanden sind, dass dieser 'Standpunkt' zu Übungszwecken in der Praxis erprobt wird, dann drücken Sie jetzt bitte die eins."

Von Thomas Jansen

Der Autor

Thomas Jansen ist Chef vom Dienst bei katholisch.de.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.