Kirche und Politik gratulieren zu Rosch ha-Schana

Grüße zum Neujahrsfest

Veröffentlicht am 05.09.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Judentum

Bonn/Berlin ‐ Bundespräsident Joachim Gauck und die Kirchen haben den jüdischen Mitbürgern zum Neujahrsfest Rosch ha-Schana gratuliert. Am Donnerstag beginnt nach jüdischer Zeitrechnung das Jahr 5.774. Gauck verwies am Dienstag in Berlin auf eine wachsende Vielfalt jüdischen Lebens in Deutschland und sprach von einem großen Geschenk.

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"Es entstehen neue Synagogen und Gemeindezentren an Orten, wo sie einst grausam zerstört wurden", so der Bundespräsident: "Auch jüdische Gelehrsamkeit, Theologie und Bildung blühen heute wieder auf in Deutschland. Dafür bin ich zutiefst dankbar." Gauck lobte zugleich, dass die jüdischen Gemeinden eine "immer lebendigere Rolle in unserer Bürgergesellschaft spielen". Religiöses Leben mit seinen Traditionen gehöre "zu unserer Gegenwart. Für viele Menschen ist und bleibt der Glaube Kern ihrer persönlichen Identität - und das wirkt auch in einem säkularen Umfeld zurück auf die Gesellschaft insgesamt".

Der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, verwies in einem in Bonn veröffentlichten Glückwunschschreiben auf eine gemeinsame Verpflichtung von Christen und Juden, noch stärker als bislang gemeinsam gegen die offenen und versteckten Formen der Herabsetzung von Menschen Stellung zu nehmen. Die Würde des Menschen sei "der Maßstab der Gerechtigkeit". Zollitsch weiter: "Ob wir es mit dieser Gerechtigkeit ernst meinen, zeigt sich an unserem Umgang mit den Schwachen, biblisch gesprochen mit den Witwen, Waisen und Fremden."

Joachim Gauck ist der erste Theologe im Amt des Bundespräsidenten in Deutschland.
Bild: ©dpa/Wolfgang Kumm

Joachim Gauck ist der erste Theologe im Amt des Bundespräsidenten in Deutschland.

Juden und Christen gegen Rassentrennung

Mit Blick auf den 50. Jahrestag der "I have a dream"-Rede des US-Bürgerrechtlers Martin Luther King betonte der Erzbischof, die Bewegung sei nicht nur ein wichtiger Teil der neueren Geschichte der USA, sondern gehöre auch in die Geschichte der christlich-jüdischen Beziehungen. Über viele Jahre hätten sich Juden und Christen unterschiedlicher Konfessionen gemeinsam für ein Ende der Rassentrennung, für Rechtsgleichheit und soziale Gerechtigkeit eingesetzt. "Dieses politische und soziale Engagement bezog seine spirituelle Kraft aus dem Juden und Christen gemeinsamen biblischen Ethos", so Zollitsch.

Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, lobte den christlich-jüdischen Dialog als vertrauensvoll und belastbar. "Wir sind als evangelische Kirche wachsam gegenüber allen antisemitischen Tendenzen, die sich leider immer wieder auch in der deutschen Gesellschaft beobachten lassen. Hier gilt bei uns: Null Toleranz", unterstrich er.

Mit Blick auf die Situation im Nahen Osten erklärte er, die Kirchen sähen "mit großer Anteilnahme die besondere Gefährdung Israels in dem kaum zu durchschauenden Machtpoker" in der Region. "Gemeinsam vertrauen wir auf Gottes Verheißung seines Friedens und bitten um die Überzeugungskraft des Wortes und der Diplomatie", heißt es in dem Brief.

Sogar der Iran grüßt

Der iranische Präsident Hassan Ruhani hat in einer ungewöhnlichen Botschaft allen Juden zum Neujahrsfest seine besten Wünsche ausgesprochen. "Während die Sonne hier in Teheran untergeht, wünsche ich allen Juden, besonders den iranischen Juden, ein gesegnetes Rosch Haschana", stand am Mittwoch in Ruhanis englischsprachigem Twitter-Account. Der Iran und Israel stehen sich ansonsten nicht nur im Streit um Teherans Atomprogramm bislang unversöhnlich gegenüber.

Dass Ruhani ausdrücklich "alle Juden" erwähnte, stellt einen deutlichen Wandel im Vergleich zu seinem Vorgänger Mahmud Ahmadinedschad dar. Der hatte Israel als "Krebsgeschwür" bezeichnet und gefordert, der jüdische Staat müsse von der Landkarte "ausradiert" werden. (meu/KNA/dpa)

Stichwort: Rosch ha-Schana

Das jüdische Neujahrsfest Rosch ha-Schana (Kopf des Jahres) wird an den ersten zwei Tagen des Monats Tischri im jüdischen Kalender gefeiert, 2013 am 5. und 6. September. Juden beginnen damit das Jahr 5774. Rosch ha-Schana erinnert an den Bund zwischen Gott und Israel. Das Fest soll Menschen veranlassen, in sich zu gehen, sich vom Bösen abzuwenden und gut zu handeln. Beim besonders feierlich gestalteten Gottesdienst soll das Blasen des Widderhorns (Schofar) die Menschen an ihre moralischen Pflichten erinnern. Im Festsegen und bei Familienfeiern wird vom "Tag der Erinnerung" oder "Tag des Posaunenschalls" gesprochen. (dpa)