Diese vier Worte benutzt der Papst am häufigsten
"Gott", "Leben", "Menschen" und "Liebe" sind die vier von Papst Franziskus am häufigsten benutzten Begriffe. Auch die Wörter "Barmherzigkeit", "Gesellschaft", "arm" und "Kinder" kommen sehr oft in offiziellen Schreiben, Predigten und Interviews des Papstes vor, wie aus einer neuen Studie des Wiener Theologen Paul Michael Zulehner hervorgeht.
Zulehner wertete dazu die Äußerungen des Papstes per computergestützter Volltextsuche aus. In einem zweiten Schritt nutzt Zulehner diese Ergebnisse für eine Analyse des Denkens von Franziskus. Sein Erkenntnisse hat er in seinem im Januar erschienen Buch "Ich träume von einer Kirche als Mutter und Hirtin - Die neue Pastoralkultur von Papst Franziskus" veröffentlicht.
Der Papst geht demnach von einer barmherzigen Seelsorge aus. Franziskus lege "über lange Zeit verschüttete Grundannahmen" der Lehre von Jesus Christus frei, die in das Leben und Wirken der Kirche einsickern sollten, so Zulehner. Dies sei irritierend für die, "denen die Tiefenschicht der Kirche fremd geworden ist". Dazu gehörten auch Verantwortliche in kirchlichen Positionen und auf Lehrstühlen. Zulehner nennt sie "Ideologen, denen das Kirchenrecht wichtiger ist als das Evangelium". Franziskus warne solche fundamentalistischen Alles- oder Besserwisser vor theologischer Arroganz und falscher Sicherheit.
Zulehner: Kein Widerspurch zwischen Barmherzigkeit und Gerechtigkeit
Der österreichische Wissenschaftler betont, der Papst sehe den manchmal missverstandenen Begriff der Barmherzigkeit nicht in einem Gegensatz zu Gerechtigkeit. Vielmehr setze Barmherzigkeit oft erst Gerechtigkeit frei. Insofern könne der Papst sowohl zur Barmherzigkeit als auch zur Gerechtigkeit gegenüber den Armen aufrufen.
Eine Akzentverschiebung sieht Zulehner darin, dass der Papst dazu aufruft, im Umgang mit Menschen "vom Moralisieren zum Heilen" und "vom Gesetz zum Gesicht" überzugehen. Nach Einschätzung des Wissenschaftlers ist sich der Papst bewusst, dass er für diese Akzentverlagerung in der traditionellen Kultur der Seelsorge "wenig Unterstützung findet". Allerdings habe der Papst einen "langen Atem".
Zulehner hatte zuletzt mit der Initiative "Pro Pope Francis" für Aufsehen gesorgt. In einem Offenen Brief bekundeten der Pastoraltheologe und zahlreiche prominente Unterstützer ihre Solidarität mit der pastoralen Linie des Papstes. Die Initiative hat mittlerweile außerdem 70.000 Unterschreiber aus aller Welt gefunden. Sie war unter anderem eine Reaktion auf eine Ende September veröffentlichte "kindliche Zurechtweisung" konservativer Kleriker und Theologen, die den Papst auffordern, sich von "Irrlehren" zu distanzieren. (bod/KNA)