Standpunkt

Der Brief aus Polen zeigt: Mit "Lehramt" ist nicht nur Rom gemeint

Veröffentlicht am 23.02.2022 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Der Brief der polnischen Bischöfe zum Synodalen Weg der Kirche in Deutschland enthalte zum Teil aberwitzige Formulierungen, kommentiert Albrecht von Croy. Seine Existenz zeige aber auch einen Geburtsfehler des Prozesses auf.

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Das muss man sich trauen! In diesen Zeiten und bei diesem Zustand großer Teile der katholischen Weltkirche einen solchen Brief zu schreiben. Der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz (KEP), Erzbischof Stanislaw Gadecki, drückt gegenüber seinem deutschen Pendant Bätzing seine "tiefe Besorgnis" über die beim Synodalen Weg der deutschen Kirche beratenen Themen aus und kritisiert dessen Beschlüsse. "Die Autorität des Papstes und der Bischöfe wird am meisten gebraucht, wenn die Kirche eine schwierige Zeit durchmacht und wenn sie unter Druck steht, von der Lehre Jesu abzuweichen", so der Erzbischof.

Das mag theoretisch so sein (und ist doch eher der Wunsch nach vergangenen Zeiten, als vermeintlich die Welt noch in Ordnung war), aber auch und gerade im katholischen Kernland Polen ist die Autorität der Bischöfe eben durch eigenes Verschulden beschädigt. Die Kirche macht gerade wegen ihres Fehlverhaltens "eine schwierige Zeit" durch. Sätze wie dieser sind angesichts des herben Vertrauensverlustes kirchlicher Amtsträger mindestens tollkühn.

Doch nicht genug: "Getreu der Lehre der Kirche dürfen wir nicht dem Druck der Welt oder den Modellen der vorherrschenden Kultur nachgeben, da dies zu moralischer und geistiger Korruption führen kann", fährt der Erzbischof von Posen fort. Angesichts von zu Tage getretener moralischer Verkommenheit und erklecklicher Korruption in hohen und höchsten Kirchenkreise eine nachgerade aberwitzige Formulierung. Besondere Kompetenzen in der Kunst der Selbstreflexion beweisen solche Aussagen nicht!

So ist der Brief weniger seines Inhalts als seiner Existenz wegen ein bemerkenswerter Vorgang, weil erstmals eine europäische Bischofskonferenz in diesem Ausmaß an einen Geburtsfehler des Synodalen Wegs rührt. Immer wieder wurde gemahnt, diesen Prozess frühzeitig in die Weltkirche hineinzutragen, um bei Ablehnung der synodalen Apelle durch Rom späteren massiven Enttäuschungen vorzubeugen. Der polnische Episkopat zeigt auf, dass mit dem "Lehramt“ aber nicht nur "Rom" gemeint ist, sondern auch die Weltgemeinschaft der Bischöfe. Der Synodale Weg täte gut daran, dies bei seiner nächsten Synodalversammlung im Herbst zu einem Schwerpunkt zu machen.

Von Albrecht von Croy

Der Autor

Albrecht von Croy ist Mitherausgeber von "theo – das katholische Magazin" und Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK).

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.