Vorsichtiger Optimismus zum Synodalen Weg

Sellmann: Ohne Reformbereitschaft aus Rom droht Implosion der Kirche

Veröffentlicht am 25.02.2022 um 12:05 Uhr – Lesedauer: 

Bochum ‐ Mit einer Revolution rechnet Pastoraltheologe Matthias Sellmann nicht, wenn Rom sich negativ zu Reformen des Synodalen Wegs äußert – dafür gebe es keine Energie mehr. Dennoch hofft er, dass die deutsche Kirche wieder Vertrauen zurückgewinnen kann.

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Der Bochumer Pastoraltheologe Matthias Sellmann erwartet eine weitere "Implosion der katholischen Kirche in Deutschland", wenn die erforderliche Zustimmung aus Rom für die Reformen des Synodalen Wegs nicht kommt. In einem am Donnerstag von der Ruhr-Universität Bochum veröffentlichten Interview sagte der Leiter des Zentrums für angewandte Pastoralforschung (ZAP), dass es in diesem Fall wohl keine Revolution geben werde, "dafür ist die Energie wohl schon gar nicht mehr da". Eine Ablehnung des Zugangs von Frauen zum Priesteramt oder eine lehramtliche Neubewertung von Homosexualität würde viele in ihrem Urteil bestätigen, "die Kirche sei einfach nicht in der Lage, reale Lebensverhältnisse kreativ abzubilden". Insbesondere Frauen und Menschen mit anderer sexueller Orientierung "würden sagen, dass sie diskriminiert werden und sich das nicht länger gefallen lassen", so Sellmann weiter. Seine Hoffnung sei, dass der Papst einer größeren Eigenständigkeit der Ortskirchen zustimmen werde: "Dann müssten die Bischöfe je nach Ort auch verschiedene Rechte und andere Handlungsspielräume bekommen. So wäre es denkbar, den Pflichtzölibat für Priester in Westeuropa aufzuheben, während es gleichzeitig in anderen Ländern gar nicht das Begehren dafür gibt."

Von Weltklimakonferenzen lernen

Die deutschen Diözesanbischöfe, in deren Hand ein Großteil der Umsetzung der Reformvorschläge des Synodalen Wegs liegt, sieht der Pastoraltheologe unter sehr starker öfentlicher und politischer Beobachtung. "Wenn etwa eine leistungsfähigere Finanzkontrolle der Bischöfe beschlossen worden ist und ein Bischof diese in seinem Bistum nicht durchführt, dann hoffen wir, dass sich vor Ort eine starke Öffentlichkeit bildet, die ihm das nicht durchgehen lässt", betonte Sellmann. Juristisch verpflichten könne man die Bischöfe aber nicht. Der Synodale Weg habe von den Weltklimakonferenzen gelernt und zusätzlich zu den eigentlichen inhaltlichen Beschlüssen auch einen "Monitoring-Prozess" vereinbart: "So wird die Verbindlichkeit dadurch unterstützt, dass die deutsche Öffentlichkeit regelmäßig darüber Auskunft erhält, wie weit die einzelnen Bistümer die Beschlüsse verwirklicht haben."

Sellmann, der selbst Mitglied der Synodalversammlung und des Synodalforums "Macht und Gewaltenteilung" ist, bewertete den Fortschritt des Reformdialogs "vorsichtig als positiv": "Die deutsche Kirche zeigt sich handlungs- und reformfähig", so der Pastoraltheologe. Man bewege sich zwar "für die einen zu schnell und die anderen zu langsam, aber wir bewegen uns". Das berge die Chance, als Kirche zusammenzubleiben. Er hoffe auch, dass noch die Möglichkeit bestehe, das Vertrauen in die Kirche wiederherzustellen. Das Gefühl, radikal enttäuscht worden zu sein, sei sehr berechtigt, so der Pastoraltheologe weiter. Jetzt sei "die Stunde der Bescheidenheit": "Wir müssen unsere Hausaufgaben machen, und dann muss man hoffen, dass es noch den einen oder die andere gibt, die der Kirche noch eine Chance geben." (fxn)