Standpunkt

In Reformdiskussionen kann man den Heiligen Geist auch aussitzen

Veröffentlicht am 14.02.2023 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Zuletzt beim Europa-Treffen der Weltsynode betonten einige Bischöfe, dass Veränderungen Zeit brauchen. Diese Zeit ist aber endlich, kommentiert Christoph Paul Hartmann. Er fordert eine ehrlichere Kommunikation auf allen kirchlichen Ebenen.

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Das Europa-Treffen des weltweiten synodalen Prozesses ist zu Ende – mit eher vagen Ergebnissen. Viele Teilnehmende haben betont, wie wichtig es gewesen sei, überhaupt miteinander zu reden. Und die vielen Reformwünsche, die Gläubige länderübergreifend äußern? "Die Änderungen müssen langsam in die Herzen einsickern und der Heilige Geist braucht Zeit. Oder vielmehr brauchen wir Zeit, um den Geist wahrzunehmen", sagt Co-Organisator Jean-Claude Hollerich dazu. Da ist es wieder, das Reden von der Zeit.

Oft, wenn mal wieder von möglichen Reformen die Rede ist, kommt die gleiche Antwort: Das braucht Zeit, das müsse für die nötige geistliche Tiefe nochmal überdacht werden, da fehle die Unterscheidung der Geister. Und das bei Themen, bei denen etwa in Sachen Diakoninnenweihe oder Abschaffung der Zölibatspflicht die Argumente seit Jahrzehnten (!) auf dem Tisch liegen – aber vom Lehramt schlicht ignoriert werden.

Einfach nichts zu tun, ist ab einem gewissen Punkt kein bedachtes Vorgehen mehr, sondern schlichte Verhinderungstaktik – man kann den Heiligen Geist auch aussitzen. Wer abwartet, wägt nicht ab, sondern hat seine Entscheidung bereits getroffen: Für den Status Quo. In einer solchen Situation waltet der Heilige Geist schon lange nicht mehr, er hat sich in den Wünschen der Gläubigen weltweit offenbart – auch wenn das nicht jedem passt.

Das Problem gibt es leider auf allen Ebenen bis hoch zu Papst Franziskus. Da hatte es bei der Amazonas-Synode 2019 unter den Bischöfen eine deutliche Mehrheit für die Weihe bewährter verheirateter Männer, den "viri probati", zu Priestern gegeben. Aber der Pontifex ließ das Thema in seinem nachsynodalen Schreiben einfach aus – mit Verweis auf die Unterscheidung der Geister, die seiner Ansicht nach nicht stattgefunden habe. So lange sich sogar das Kirchenoberhaupt dieser Floskeln bedient, bleibt die notwendige gesunde Diskussionskultur in der Kirche weiter auf der Strecke.

Von Christoph Paul Hartmann

Der Autor

Christoph Paul Hartmann ist Redakteur bei katholisch.de.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.