Franziskus' Umgang mit Erzbischof Gänswein ist unwürdig
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Kein Frage, Erzbischof Georg Gänswein ist umstritten. Vor allem in Deutschland wird der langjährige Privatsekretär von Benedikt XVI. (2005-2013) seit Jahren kritisch, mitunter sogar hämisch beurteilt. Gänswein selbst hat dazu sicher manches beigetragen. Mit seinem konservativen Kirchenbild, irritierenden Interviews und seiner wiederholt geäußerten, mutmaßlich kirchenpolitisch motivierten Kritik an der Kirche in Deutschland – etwa seinen immer wieder artikulierten Vorwürfen gegen den Synodalen Weg und seiner Warnung vor einer angeblich durch den Reformprozess drohenden Kirchenspaltung – hat er sich in seinem Heimatland in den vergangenen Jahren nachvollziehbarerweise kaum Freunde gemacht.
Auch sein unmittelbar nach dem Tod Benedikts veröffentlichtes Buch mit dem ebenso peinlichen wie anmaßenden Titel "Nichts als die Wahrheit" über seine Zeit an der Seite des früheren Papstes sorgte hierzulande für Kopfschütteln. Dass der frühere Privatsekretär in dem Werk von vielen als vertraulich eingestufte Vorgänge aus der Kurie öffentlich machte und auch vor fragwürdigen Aussagen über die päpstliche Verdauung nicht zurückschreckte, irritierte und sorgte für berechtigte Kritik.
Und dennoch: Wie seit Benedikts Tod öffentlich mit Gänswein umgegangen wird, ist unfair – wobei vor allem Papst Franziskus dabei eine ungute Rolle spielt. Das Verhalten des Pontifex gegenüber dem 66-Jährigen, der ihm parallel zu seiner Tätigkeit als Benedikts Privatsekretär immerhin als Präfekt des Päpstlichen Hauses diente, irritiert und dürfte maßgeblich dafür verantwortlich sein, dass die öffentlichen Diskussionen um Gänswein und seine Zukunft kein Ende finden. Dass Franziskus und Gänswein keine Freunde sind, ist zwar schon lange bekannt. Dass der Papst den Erzbischof nun aber bereits über Monate hinweg im Unklaren über dessen Zukunft lässt und ihm gegenüber stattdessen offenbar lediglich schroff klingende Andeutungen macht, die noch dazu bald darauf genüsslich in den Medien breitgetreten werden, ist unwürdig.
Man muss ganz sicher kein Fan von Georg Gänswein sein. Trotzdem sollte Papst Franziskus den langjährigen Dienst des Erzbischofs für Benedikt XVI. anerkennen und dies durch einen fairen Umgang mit ihm und eine zeitnahe Entscheidung über eine angemessene "Anschlussverwendung" auch entsprechend zum Ausdruck bringen.
Der Autor
Steffen Zimmermann ist Redakteur im Korrespondentenbüro von katholisch.de in Berlin.Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.