Standpunkt

Glaube kann im Umgang mit psychischer Erkrankung wertvoll sein

Veröffentlicht am 10.10.2025 um 00:01 Uhr – Von Theresia Kamp – Lesedauer: 

Bonn ‐ Christliche Seelsorge ersetzt keine Therapie. Doch Glaube und christliches Menschenbild können wertvolle Ressourcen im Umgang mit psychischen Krankheiten sein, schreibt Theresia Kamp. Betroffene schöpfen Kraft, wenn jemand sie begleitet und mitbetet.

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Heute ist Welttag der psychischen Gesundheit und zugleich der Beginn der "Aktionswoche der Seelischen Gesundheit". Dass ich erst einmal im Internet auf dieses Datum gestoßen bin, zeigt, dass noch Luft nach oben ist bei der Kommunikation über psychische Krankheiten.

Bis heute müssen sich betroffene Menschen Sprüche wie "Reiß Dich zusammen", "Kopf hoch, das wird schon wieder" anhören, die ihrer Situation nicht im Ansatz gerecht werden. Was sie brauchen, sind Menschen, die ihre Erkrankung ernstnehmen, auch wenn sie nicht so sichtbar ist wie ein gebrochenes Bein. Und die ihnen das Gefühl vermitteln, dass sie so angenommen werden, wie sie sind.

Unbedingt geliebt zu werden ist auch die Kernbotschaft des christlichen Glaubens. Aber eine Depression hat auch darauf Auswirkungen. So wie sich alles dumpf anfühlt, die Welt farblos wird, kann auch Gott in die Ferne rücken, nicht mehr spürbar sein. Eine mögliche Folge sind Fragen und Zweifel: Muss ich als gläubiger Mensch nicht immer froh und zuversichtlich sein? Habe ich versagt? In solchen Momenten kann Seelsorge deutlich machen, dass man selbst keine Schuld an diesem Zustand trägt, sondern dass er eine Folge der Erkrankung ist – und dass Gott auch dann da ist, wenn ich wenig von ihm wahrnehme.

Erst am Mittwoch hat Papst Leo XIV. in seiner Generalaudienz genau darauf hingewiesen: "Manchmal denken wir, dass der Herr uns nur in Momenten der Besinnung oder der spirituellen Inbrunst besucht, […] wenn unser Leben geordnet und strahlend erscheint. Stattdessen kommt der Auferstandene gerade an den dunkelsten Orten zu uns: in unseren Misserfolgen, in unseren zerbrochenen Beziehungen, in den täglichen Mühen, die auf unseren Schultern lasten, in den Zweifeln, die uns entmutigen."

Daran zu erinnern, ist eine zentrale Aufgabe christlicher Seelsorge. Selbstverständlich ersetzt sie keine Therapie. Seelsorgerinnen und Seelsorger sind heute in der Regel so gut ausgebildet, dass sie ihre Grenzen kennen und betroffenen Menschen professionelle Hilfe empfehlen. Darüber hinaus aber können der christliche Glaube und das christliche Gottes- und Menschenbild wertvolle Ressourcen für den Umgang mit psychischen Krankheiten sein. Und nicht zuletzt schöpfen betroffene Menschen dadurch Kraft, dass jemand mit ihnen auf dem Weg ist, der für sie mitbetet und -hofft, wenn sie es selbst gerade nicht vermögen.

Von Theresia Kamp

Die Autorin

Theresia Kamp hat Theologie und Romanistik studiert. Sie arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Pastoraltheologie an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und schreibt regelmäßig für verschiedene christliche Medien.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.