2.700 Wallfahrer beim "Blutritt" in Weingarten
Rund 2.700 Wallfahrer sind am Freitagmorgen beim traditionellen "Blutritt" durch Weingarten bei Ravensburg (Baden-Württemberg) im Bistum Rottenburg-Stattgart gezogen. Die Reiter mit Frack und Zylinder waren schon in den frühen Morgenstunden in den Straßen der oberschwäbischen Stadt und auf den angrenzenden Feldern unterwegs. Dabei trug der Blutreiter die Blutreliquie segnend durch Straßen und Fluren. Das religiöse Schauspiel lockt neben den Teilnehmern jedes Jahr auch rund 30.000 Zuschauer an - die Veranstaltung gilt als größte Reiterprozession Europas.
Beim anschließenden Gottesdienst in der Martinsbasilika rief der Freiburger Erzbischof Stephan Burger die Katholiken auf, nicht nur ein offenes Herz und offene Hände für andere zu haben, sondern auch den eigenen Lebensstil zu überdenken. Es gelte, achtsam mit der Umwelt umzugehen.
In diesem Jahr wurde auch die Polizeipräsenz verstärkt. Nach Angaben der zuständigen Behörde sollten während des "Blutritts" mehr als hundert Beamte im Einsatz sein, darunter auch Polizeireiter. Bis in den späten Vormittag blieb es aber zunächst ruhig: Es habe keine Vorfälle gegeben, sagte eine Sprecherin. "Das Sicherheitskonzept haben wir weit im Vorfeld auf die Beine gestellt", sagte Günter Staud, Verwaltungsdirektor der Stadt, vor der Veranstaltung. Der jüngste Anschlag bei einem Konzert in Manchester habe darauf keinen Einfluss gehabt. "Wir waren bereits gut vorbereitet."
Tradition der Heilig-Blut-Reliquie
Der Blutritt findet stets am Freitag nach Christi Himmelfahrt statt. Die Tradition reicht ins elfte Jahrhundert zurück, als das Kloster Weingarten Teile einer Heilig-Blut-Reliquie aus dem italienischen Mantua erhielt. Sie enthält der Legende nach mit dem Blut Christi vermischte Erde.
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Bereits am Abend des Christi-Himmelfahrts-Tages hatten die Feiern in Weingarten mit einer Lichterprozession und einer Messfeier begonnen. Dabei rief Burger zu Solidarität und Nächstenliebe auf. Wenn man mit der Botschaft des Evangeliums ernstmache, werde es politisch, und "dann hat das Evangelium Auswirkungen für unser Lebensverständnis und für unser gesellschaftliches Miteinander".
Viele Wallfahrer sind selbst seit Jahrzehnten dabei: Franz Hertkorn beispielsweise reitet seit knapp 20 Jahren mit. Für das religiöse Schauspiel reist der 67-Jährige jedes Mal extra aus dem schwäbischen Rottweil an. "Für mich gibt es zwei wichtige Termine im Jahr" sagte er. "Den Rottweiler Narrensprung und den Blutritt in Weingarten." Weniige hundert Meter weiter steht Franz Ritscher, der schon seit 42 Jahren mit reitet. Der Turnierreiter hat sein Pferd Little Joe mitgebracht. "Heute sind die meisten Tiere hier Sportpferde", sagt der 68-Jährige. Früher dagegen seien vor allem Landwirte mit ihren eigenen Arbeitspferden mitgeritten.
Unglücksjahr 2016
Im vergangenen Jahr war der "Blutritt" von zwei tragischen Zwischenfällen überschattet. Zwei Pferde erlitten Einblutungen in den Herzbeutel, vergleichbar mit einem Herzinfarkt beim Menschen, wie Medien berichteten. Die Tiere seien schlagartig umgefallen, eines sogar während der Prozession. Menschen wurden dabei nur leicht verletzt. (jcm/dpa/KNA)