Pakistanisches Gericht fällt Urteil nach Ausschreitungen

42 Christen als Terroristen verurteilt

Veröffentlicht am 01.03.2017 um 13:00 Uhr – Lesedauer: 
Christenverfolgung

Bonn/Lahore ‐ In kaum einem Land der Welt leben Christen so unfrei wie in Pakistan. Nun hat ein Gericht dutzende Gläubige als Terroristen verurteilt. Ein ähnliches Verfahren gegen Muslime ging ganz anders aus.

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Ein Gericht im pakistanischen Lahore hat 42 Christen als Terroristen verurteilt. Sie wurden schuldig gesprochen, an Ausschreitungen nach einem Bombenanschlag auf eine christliche Siedlung teilgenommen zu haben. Über den Fall berichtete die vatikanische Nachrichtenagentur "Agenzia Fides" bereits am 22. Februar. Das mit dem Urteil verbundene Strafmaß wurde nicht bekannt.

Lynchmob hatte mutmaßliche Attentäter getötet

Die Verurteilten gehörten zu einer Gruppe von 84 Personen, die nach dem Tod zweier Männer wegen Mordes und Terrorismus angeklagt wurden, hieß es im Bericht weiter. Die beiden Muslime sollen für das Bombenattentat auf zwei christliche Kirchen im März 2015 verantwortlich gewesen sein. Nach dem Doppelanschlag waren Ausschreitungen unter den Christen ausgebrochen, in deren Folge die beiden mutmaßlichen Attentäter gelyncht wurden. Vertreter aller Kirchen hatten die Tat damals verurteilt, so "Fides".

Die Hälfte der Angeklagten sei demnach bereits im Sommer 2016 freigesprochen worden. Unter den Verurteilten befänden sich auch drei Menschenrechtsaktivisten, die als "Anstifter zur Gewalt" bezeichnet wurden. Die Christen hätten erklärt, die Morde seien von "wenigen Agitatoren" verübt worden, welche die Gemeinde infiltriert hätten.

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Video: © weltkirche.katholisch.de

Erzbischof Shaw über die Diskriminierung der Christen in Pakistan.

Die "Nationale Kommission für Gerechtigkeit und Frieden" (NCJP) der pakistanischen Bischofskonferenz habe in einer Stellungnahme ihr Unverständnis über das jetzt gefällte Urteil ausgedrückt, berichtete "Fides" weiter. Man sei enttäuscht, "weil Polizei und Behörden sich allein auf den beklagenswerten Akt der Lynchung, der scharf zu verurteilen ist, konzentriert haben, während die Urheber des kriminellen Anschlags auf Kirchen, auf unschuldige Gläubige, weiter unbestraft bleiben".

Wenige Wochen vor dem Urteil hatte das Gericht über 100 Muslime freigesprochen, die im Jahr 2013 eine christliche Siedlung niedergebrannt hatten, berichtete das US-Nachrichtenmagazin "Christianity Today". Das Gericht habe gegen die Randalierer keine ausreichenden Beweise finden können, hieß es damals. Auslöser der Unruhen war ein Streit zwischen einem Moslem und einem Christen, der später wegen Blasphemie zum Tode verurteilt wurde.

Ein Freibrief für die Selbstjustiz?

NCJP-Geschäftsführer Cecile Shane Chaudhry zeigte sich über den Freispruch "völlig erschüttert". Im Gespräch mit dem asiatischen katholischen Nachrichtendienst "UCA News" erklärte er: "Im Grunde bedeutet das, dass das Gericht trotz vorhandenem Videomaterial, Dokumenten und Bildern von Tausenden, die auf christlichen Grundstücken randalieren, niemanden schuldig befunden hat." Dies komme einem Freibrief für ähnliche Mobs gleich.

Erst Mitte Februar hatte das Pakistanische Parlament ein Gesetz verabschiedet, das unter anderem Zwangsheirat, Zwangskonversion und Lynchjustiz unter Strafe stellt. Menschenrechtler reagierten positiv auf die Strafrechtsreform, die den Schutz religiöser Minderheiten verbessern soll. Etwa 96 Prozent der pakistanischen Bevölkerung bekennen sich zum Islam. Christen erleben im Land eine alltägliche Diskriminierung. Besonders kritisch sehen Beobachter das sogenannte Blasphemiegesetz, das Schmähungen des Propheten Mohammed oder des Koran unter Strafe stellt. (kim)

Linktipp: Wenn Christsein lebensgefährlich wird

Nicht erst seit dem Anschlag an Ostersonntag ist die Lage für Christen in Pakistan schwierig: In der islamischen Republik, in der 96 Prozent Muslime leben, gehören sie zu den Minderheiten. Was ihnen besonders zu schaffen macht, ist das sogenannte Blasphemiegesetz. (Artikel von März 2016)

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