75 Jahre gelebte Ökumene
Mit dem Leitwort "Solidarität" wolle die Gemeinschaft deutlich machen, "dass wir Christen in der globalisierten Welt neu herausgefordert sind", erklärt der Prior weiter. Das Jubiläumsjahr selbst beginnt mit einer Einladung an Jugendliche, in ihren Heimatorten im Mai 2015 ein gemeinsames Gebet und eine soziale Aktion im Sinne der Solidarität vorzubereiten. Dadurch soll an Frere Roger und seinen Aufruf zur Christusnachfolge erinnert werden, heißt es auf der Internetseite der Gemeinschaft .
Auch die internationalen Jugendtreffen im Sommer werden sich mit dem Thema beschäftigen. Höhepunkt wird dabei die "Versammlung für eine neue Solidarität" vom 9. bis 16. August sein, bei der neben den Jugendlichen auch Vertreter verschiedener Kirchen erwartet werden.
Die globalisierte Gesellschaft im Blick
Mit den Angeboten möchte die Gemeinschaft vor allem Wege finden, wie man aus dem Glauben heraus noch mehr mit anderen Menschen in Solidarität leben kann, so Frere Alois. In diesem Sinne haben die Brüder in den vergangenen Jahren bereits Jugendtreffen auf anderen Kontinenten veranstaltet, zuletzt in Mexiko-Stadt und 2012 in Ruanda, wo über 8.000 Jugendliche aus Afrika zusammenkamen.
Doch schon in diesen Tagen gibt es in Taize einen Grund zum Feiern: Vor vierzig Jahren, am 30. August 1974, begann das sogenannte "Konzil der Jugend". Die geistliche Initiative der ökumenischen Gemeinschaft sollte dazu führen, Lebensweisen der modernen Gesellschaft zu überdenken und zu verändern. 1979 ging das "Konzil der Jugend" in den "Pilgerweg des Vertrauens" über. Dessen wichtigste Bestandteile sind regelmäßige Jugendtreffen in allen Teilen der Welt sowie ein jährliches Jugendtreffen über Silvester in einer europäischen Großstadt. Dabei stehen gemeinsames Gebet, Gesang und internationaler und interreligiöser Austausch im Mittelpunkt.
Leben für die Ökumene: Frere Roger
Taize gilt als Symbol der ökumenischen Bewegung. Der gebürtige Schweizer und Protestant Frere Roger (1915-2005) hatte die Gemeinschaft 1944 im Zentrum Frankreichs gegründet. Ziele waren die Aussöhnung zwischen den Konfessionen, die Verständigung innerhalb Europas nach dem Zweiten Weltkrieg und der Wandel hin zu einem einfacheren Lebensstil. 1949 legten schließlich sieben Männer ihre Ordensgelübde ab und versprachen Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam. Heute gehören der Gemeinschaft rund 100 Männer aus über 30 Ländern an, mehr als ein Drittel von ihnen ist katholisch.
Frere Roger selbst gilt als eine der großen religiösen Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts, wie kaum ein anderer widmete er sein Leben der Ökumene. Großes Aufsehen erregte es, als der damalige Kardinaldekan Joseph Ratzinger Frere Roger bei der Beisetzung von Johannes Paul II. die Kommunion reichte. Fast jährlich trafen sie sich außerdem zu Privataudienzen.
Im August 2005 wurde Frere Roger von einer vermutlich geistesgestörten Frau aus Rumänien beim Abendgebet in der Kirche erstochen, was weltweit für Bestürzung sorgte. Seine Nachfolge trat der aus Deutschland stammende Katholik Frere Alois an, der nun der Gemeinschaft als Prior vorsteht. (mit Material von KNA)
Von Theresia Lipp