Vor 40 Jahren: Der Jom-Kippur-Krieg veränderte Nahost und die Welt

Angriff am Feiertag

Veröffentlicht am 06.10.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Israel

Tel Aviv ‐ Der Zangenangriff vor 40 Jahren kam völlig überraschend am höchsten jüdischen Feiertag: Jom Kippur. Das Leben in Israel war weitgehend zum Stillstand gekommen, als Ägypter und Syrer zeitgleich im Süden am Suez-Kanal und im Norden auf den Golan-Höhen losschlugen. Noch heute gedenkt Israel an Jom Kippur, der diesmal Mitte September gefeiert wurde, der etwa 2500 Gefallenen dieses Krieges. 1973 fiel Jom Kippur auf den 6. Oktober.

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Am Mittag wurde Israel von dem massiven Angriff der arabischen Streitkräfte auf die damals israelisch besetzten Gebiete völlig überrumpelt. Zwar gelangen den Angreifern nur Anfangserfolge und die Israelis gingen schon bald in die Offensive, doch der Nimbus der israelischen Unbesiegbarkeit wurde gebrochen.

Scham der Niederlage wurde getilgt

Noch wichtiger aus Sicht der Araber war, dass die Scham über die vernichtende Niederlage im Sechstagekrieg von 1967 getilgt wurde, als Israel die Golan-Höhen und die Sinai-Halbinsel erobert hatte. Nur nach diesem "Erfolg" konnte der damalige ägyptische Präsident Anwar el Sadat den Friedensschluss mit Israel von Camp David 1979 wagen, da sind sich die meisten Historiker einig.

Auch für den Rest der Welt brachte der Krieg in Form des Ölschocks große und bis heute wirksame Veränderungen. Zwölf Tage nach Beginn der Kämpfe verhängte die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) ein Ölembargo gegen den Westen, um Druck zugunsten Ägyptens und Syriens auszuüben. Die Drosselung der Ölausfuhren lösten eine Energiekrise mit drastischen Sparmaßnahmen aus.

Ölpreisexplosion löst Suche nach Alternativen aus

In Deutschland gab es ab November drei autofreie Sonntage und die Menschen spazierten auf den Autobahnen. Wichtiger aber war die Erkenntnis, dass Bodenschätze nicht unerschöpflich sind und deshalb sparsamer mit ihnen umgegangen werden musste. Die Ölpreisexplosion löste eine bis heute andauernde Suche nach Alternativen aus.

Die Kräfteverhältnisse zwischen Angreifern und Verteidigern waren zunächst extrem ungleich. Die Ägypter hatten am Westufer des Suez-Kanals eine Streitmacht von etwa 100 000 Soldaten, 1350 Panzern und 2000 Geschützen zusammengezogen. Ihnen standen nur 450 israelische Soldaten und eine Panzerbrigade auf der gesamten Länge des Kanals gegenüber. Auf dem Golan sah es kaum anders aus. 3000 Israelis mit 180 Panzern und 60 Geschützen sahen sich 28 000 Syrern mit 800 Panzern und 600 Geschützen gegenüber.

Arroganz, Leichtsinnigkeit und Selbstgefälligkeit

Warnungen vor einem Krieg hatte Israels Regierung in den Wind geschlagen. "Arroganz, Euphorie, Leichtsinnigkeit und Selbstgefälligkeit nach dem Sechstagekrieg", macht der damalige Infanterist und heutige Verteidigungsminister Mosche Jaalon dafür verantwortlich.

Die Ägypter konnten den Kanal an fünf Stellen überqueren und sich am Ostufer eingraben. Die Syrer drangen auf den Golan vor und lieferten sich erbitterte Panzerschlachten mit den sich verzweifelt wehrenden Israelis. Von der Sowjetunion an Ägypten und Syrien gelieferte Raketen brachten Israels Luftwaffe schwere Verluste bei. Doch dann drangen die Israelis vor.

Israels Truppen kurz vor Damaskus

Am Ende des Blutvergießens standen Israels Truppen nur kurz vor Damaskus und 120 Kilometer von Kairo entfernt. Auf Druck der USA und der Sowjetunion trat am 22. Oktober aber ein Waffenstillstand für die Nordfront und zwei Tage später einer auf dem Sinai in Kraft. Israel hatte 2.500 Gefallene und 7.500 Verwundete zu beklagen. Die Verluste auf arabischer Seite betrugen Schätzungen zufolge insgesamt 8.000 bis 18.500 Tote sowie bis zu 35.000 Verwundete. Alle Seiten zogen sich in etwa auf die Positionen von vor dem Krieg zurück.

Die mit dem Kriegsende aufkeimenden Hoffnungen auf Frieden zwischen den Völkern und Stabilität in der Region erfüllten sich jedoch nicht. Zwar schlossen Ägypten und Jordanien Friedensverträge mit Israel, die bis heute halten. Aber dies wurde nie von einer Aussöhnung der Menschen begleitet.

Von Jan-Uwe Ronneburger (dpa)

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