Aufgaben für einen Brückenbauer
Am 14. März soll Stefan Heße im Hamburger Mariendom die Bischofsweihe empfangen. Nach der Besitzergreifung der Diözese wird er dann nach Ludwig Averkamp (1927-2013) und Werner Thissen erst der dritte Diözesanbischof der Erzdiözese Hamburg sein. Das Bistum Hamburg wurde im Jahr 1995 errichtet und ist heute neben dem Bistum Fulda eine von nur zwei deutschen Diözesen, die Gebiete über die ehemalige innerdeutsche Grenze hinweg vereinen.
Die Katholiken zwischen Sylt und Rostock werden vor allem durch die gemeinsame Diasporaerfahrung geeint. In der Diözese leben derzeit etwa 400.000 Katholiken. Mit einem durchschnittlichen Anteil von rund 7 Prozent bilden sie eine kleine Minderheit in der Bevölkerung. Jedoch vermeldeten im Jahr 2013 alle drei politischen Landesteile des Bistums steigende Katholikenzahlen. In der Stadt Hamburg wurde die Rekordzahl von 187.359 Katholiken erreicht. In Schleswig-Holstein stieg sie auf 172.067, in Mecklenburg auf 40.345.
Pastorale Räume für das größte Bistum
Mit über 30.000 Quadratkilometern umfasst die Erzdiözese Hamburg eine Fläche, die mehr als fünf Mal so groß ist wie jene des Erzbistums Köln. Im vergangenen Jahrzehnt wurde mit einem Strukturprozess begonnen dessen Ziel die Entwicklung sogenannter Pastoraler Räume ist. Nach den aktuellen Plänen von Erzbischof Thissen aus Jahr 2009 sollen in solchen Räumen mehrere Pfarreien zusammengefasst und mit allen kirchlichen Einrichtungen im betreffenden Gebiet vernetzt werden. Außerdem ist eine deutliche Reduzierung der Pfarreien vorgesehen. Ende 2014 wurde in Kiel mit der Pfarrei "Franz von Assisi", die etwa 23.000 Katholiken umfasst, der bislang dritte dieser Pastoralen Räume errichtet.
Stefan Heße darf sich in Hamburg auf eine geordnete finanzielle Situation freuen. Der Erzbischöfliche Stuhl verfügte Ende 2013 über Rücklagen in Höhe von insgesamt 35 Millionen Euro, wovon der größte Teil in Beteiligungen an katholischen Krankenhäusern und zweckgebundenen Rücklagen zur Absicherung kirchlicher Einrichtungen besteht. Die Kasse der Erzdiözese verzeichnete im Geschäftsjahr 2012 ein Plus von gut 20 Millionen Euro.
Zwei Weihbischöfe zur Unterstützung
Ebenfalls warten auf Heße zwei Weihbischöfe, die ihn bei seinen Aufgaben unterstützen sollen. Allerdings wird er mit beiden wohl nur noch relativ kurze Zeit zusammenarbeiten: Norbert Werbs, derzeit dienstältester Weihbischof Deutschlands, wird im Mai dieses Jahres seinen 75. Geburtstag feiern und damit dem Papst seinen Rücktritt anbieten. Sein Kollege Hans-Jochen Jaschke wird dann im September 2016 mit Vollendung seines 75. Lebensjahres den Papst um Entlassung aus dem Amt bitten. Erfahrungsgemäß nimmt der Papst – unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Möglichkeiten eines Bischofs – diese Rücktrittsbitte jedoch nicht immer sofort an.
Mit Jaschke trifft Heße auf einen ausgesprochenen Experten für interreligiöse Fragen. Er gehört der Weltkirche-Kommission der Deutschen Bischofskonferenz an und sitzt selbst der Unterkommission für den interreligiösen Dialog vor. Zudem gilt er als sehr medienaffiner Bischof . Die Verständigung der Religionen ist für das Diasporabistum ein zentrales Thema, immerhin leben in der Weltstadt Hamburg Menschen aus allen Kulturkreisen der Welt. Dem Plan der Hansestadt, in ihren staatlichen Schulen einen interreligiösen Religionsunterricht anzubieten, begegnete das Erzbistum im vergangenen Jahr jedoch mit Ablehnung.
Katholischer Religionsunterricht wird in Hamburg derzeit an allen 21 katholischen und zehn staatlichen Schulen angeboten. Der Einsatz für den konfessionellen Religionsunterricht wird ergänzt durch das Engagement des Bistums für eine Verankerung eines Gottesbezuges in der Landesverfassung von Schleswig-Holstein. Nachdem der Kieler Landtag im Herbst vergangenen Jahres entsprechende Vorschläge abgelehnt hatte , wurde vom Diözesanadministrator Ansgar Thim eine mögliche Volksinitiative in Aussicht gestellt. Mit Unterstützung der evangelischen Nordkirche wollte man eine Kampagne vorbereiten, um einen entsprechenden Beschluss doch noch herbeizuführen. Ob und auf welche Weise Stefan Heße dieses Vorhaben weiter vorantreiben wird, dürfte für politische Beobachter eine spannende Frage sein.
Traditionell gute Ökumene
Die Zusammenarbeit mit der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland, der sogenannten Nordkirche, ist im Erzbistum Hamburg traditionell gut. Über die Einigkeit bei der Frage der schleswig-holsteinischen Verfassung hinaus werden beide durch die noch kurze Geschichte als eigenständige Körperschaften geeint; die Nordkirche wurde erst im Jahr 2012 gegründet. Am evangelischen Kirchentag in Hamburg im Jahr 2013 beteiligte sich das Erzbistum umfangreich.
Das klare Bekenntnis zur Ökumene im Erzbistum Hamburg wird gestärkt durch die Erinnerung an die Lübecker Märtyrer. Zudem drückt es sich in Vorzeigeprojekten wie dem Ökumenischen Forum HafenCity in Hamburg aus. In Zusammenarbeit mit der Hansestadt und zahlreichen christlichen Kirchen und Gemeinschaften soll dort die seelsorgliche Betreuung von über 50.000 Menschen im modernsten Hamburger Quartier auf ökumenischer Basis sichergestellt werden.
Gläubige aus aller Herren Länder
Neben den glänzenden Neubauten der HafenCity wird Stefan Heße in Hamburg und anderen Städten seines neuen Bistums auch zahlreiche Flüchtlingsunterkünfte vorfinden. Auf die Gebiete im Erzbistum werden etwa sieben Prozent der in Deutschland ankommenden Flüchtlinge verteilt. Die Erzdiözese hat einen eigenen Fonds für die Flüchtlingsarbeit mit 500.000 Euro eingerichtet. In Hamburg soll sich zudem ein Priester hauptamtlich um sie seelsorgliche und psychologische Hilfe für Flüchtlinge kümmern.
Im Erzbistum Hamburg erwarten Stefan Heße Gläubige aus 171 Nationen. Unter ihnen finden sich derzeit 151 Priester im aktiven Dienst, sowie 80 Priester im Ruhestand. Im hauptamtlichen Dienst stehen außerdem 127 Laien und 9 Diakone, weitere 46 Diakone üben einen Zivilberuf aus. Mit diesem Personalstamm die gegenwärtig 80 Pfarreien seiner zukünftigen Diözese zu versorgen, sollte für Stefan Heße als ehemaligen Leiter der Hauptabteilung Seelsorge-Pastoral im Erzbistum Köln und mit seiner Erfahrung als Generalvikar keine unlösbare Aufgabe sein. (Mit Material von KNA)
Von Kilian Martin