Bayern-Beschluss: Streit ums Kreuz hält an
Die Debatte um den Kreuz-Erlass der bayerischen Staatsregierung hält unvermindert an. Neben kritischen Stimmen aus Kirche und Politik hat sich erstmals auch eine Ministerin aus dem bayerischen Kabinett kritisch geäußert. Unterdessen verteidigte Ministerpräsident Markus Söder erneut den Beschluss.
Bayerns Wissenschaftsministerin Marion Kiechle (CSU) bezeichnete den Vorstoß in der Talkshow "3 nach 9" als "keine besonders kluge Idee". Jetzt müsse man aber erst einmal auf die konkreten Ausführungsbestimmungen warten.
"Das Kreuz ist kein Symbol für Bayern"
Der Münchner Weihbischof Wolfgang Bischof schrieb in der "Bild"-Zeitung, das Kreuz sei kein Symbol für Bayern "und erst recht kein Wahlkampflogo". Söder bringe das Kreuz zwar mit "christlichen Werten" in Verbindung, doch "wer im Geist des Kreuzes handeln will, der muss die Menschen in den Mittelpunkt seines Handelns stellen, und zwar besonders die Menschen in Not." Konkret bedeute dies, etwa für Pflegebedürftige und Kranke einzutreten und in der Flüchtlingspolitik die Menschenwürde an die erste Stelle zu rücken.
Söder selbst verteidigte im "Straubinger Tagblatt" seinen Erlass. "Natürlich ist das Kreuz in erster Linie ein religiöses Symbol", räumte er ein. Doch in dem Symbol bündele sich auch die Grundidee eines säkularen Staates: "So steht es auch in der bayerischen Verfassung und ist es durch Rechtssprechung der Verfassungsgerichte akzeptiert." Menschenwürde, Nächstenliebe, Toleranz seien Grundwerte des Christentums und "unserer Werteordnung". Daher habe das Kreuz "auch mit tiefgreifender Prägung und der Identität unseres Landes zu tun". In Bayerns Gerichten und Schulen gebe es bereits Kreuze, so Söder. Dann könne es nicht falsch sein, sie auch im Eingangsbereich von Behörden aufzuhängen. Sogar Charlotte Knobloch als Vertreterin der Juden habe das begrüßt: "Da ist es schon erstaunlich, dass manch einer innerhalb der Kirche dies problematisch sieht." Die Frage, ob sich die CSU bei christlichen Wählern anbiedern wolle, beantwortete Söder mit "Nein".
"Feind der Religion ist Herr Söder selbst"
Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) kritisierte im rbb-Inforadio den Beschluss. Das Kreuz als zentrales Symbol christlichen Glaubens dürfe nicht Gegenstand staatlicher Verordnungen werden. Er verstehe zwar, dass Söder das Kreuz als Zeichen der Identität sehe. Dies rechtfertige aber nicht, "dieses wichtigste christliche Symbol in den Zusammenhang eines Wahlkampfes" zu rücken, so Thierse, der auch Mitglied im Zentralkomitee der Deutschen Katholiken (ZdK) ist.
FDP-Chef Christian Lindner warf Söder eine Profanierung des Kreuzes vor und kritisierte auch CSU-Generalsekretär Markus Blume, der Gegner der Entscheidung als Religionsfeinde bezeichnet hatte. Diese Kritik komme "wie ein Bumerang zurück", sagte Lindner der "Passauer Neuen Presse": "Feinde der Religion sind nicht die Kritiker von Herrn Söder, Feind der Religion ist Herr Söder selbst." Denn er habe das Kreuz zum kulturellen Symbol erklärt "und damit von seiner christlichen Bedeutung getrennt". (KNA)