Benedikt XVI.: Rücktritt erschien mir als Pflicht
Der emeritierte Papst Benedikt XVI. bezeichnet seinen freiwilligen Amtsverzicht im Jahr 2013 als eine "Pflicht". Es habe damals viele Verpflichtungen gegeben, die zu Ende zu bringen er sich nicht in der Lage gesehen habe, heißt es in einem Interview des emeritierten Papstes (2005-2013), das die italienische Tageszeitung "Repubblica" (Mittwoch) veröffentlichte und das laut der Zeitung zuvor autorisiert wurde.
Er habe sich etwa nach den Erfahrungen seiner Mexiko- und Kuba-Reise im Frühjahr 2012 nicht in der Lage gefühlt, eine weitere so anstrengende Reise zum Weltjugendtag nach Rio de Janeiro 2013 machen zu können, erklärte er. Ein Weltjugendtag ohne die "physische Präsenz des Papstes" sei aber undenkbar, so Benedikt XVI. "Dies war ein weiterer Umstand, weshalb ich den Rücktritt als meine Pflicht gesehen habe." Er habe einsehen müssen, dass er allein alles, was es noch zu tun gab, unmöglich hätte bewältigen können. "Deswegen war ich in gewisserweise dazu gezwungen, mich in die Hände Gottes zu begeben, mich Jesus anzuvertrauen".
Die physischen Grenzen seines Körpers gespürt
Während seiner Lateinamerika-Reise 2012 habe er sehr stark die physischen Grenzen seines Körpers gespürt, so Benedikt XVI. weiter. Gespräche mit seinem Arzt bestätigten, dass eine Teilnahme am Weltjugendtag in Rio unmöglich war. "Von da an musste ich in relativ kurzer Zeit über das Datum meines Rücktritts entscheiden."
"Von Anfang meines Pontifikates an war ich mir meiner Grenzen bewusst und habe sie angenommen", erinnert sich Benedikt XVI. Er habe während seiner Zeit als Papst und auch bis heute viel Unterstützung erfahren, in Gebeten oder durch Briefe aus der ganzen Welt. "Daher hatte ich auch in schwierigen Momenten die Zuversicht und die Überzeugung, dass die Kirche vom Herrn geleitet wird." Daher sei es ihm leicht gefallen, seine am Tag der Papstwahl erhaltene Aufgabe in die Hände des Herrn zurückzulegen.
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Ganz Deutschland war sozusagen Papst: Von 2005 bis 2013 leitete Joseph Ratzinger als Benedikt XVI. die katholische Kirche. Seit seinem historischen Rücktritt lebt der emeritierte Papst weitgehend zurückgezogen im Vatikan. Seine seltenen Auftritte bündelt katholisch.de auf dieser Themenseite.Die Gehorsamkeit gegenüber seinem Nachfolger habe nie zur Diskussion gestanden, so Benedikt XVI. Für Franziskus empfinde er "ein Gefühl tiefer Gemeinschaft und Freundschaft". Seit dem Tag der Wahl von Franziskus verbinde beide eine "wunderbar väterlich-brüderliche" Beziehung.
Der richtige Rückzugsort war Benedikt schnell klar
Dass er sich nach seinem Rücktritt einem zurückgezogenen und dem Gebet verschriebenen Leben im früheren Kloster "Mater Ecclesiae" widmen wolle, sei ihm schnell klar gewesen, so Benedikt XVI. Er habe das Kloster öfter besucht. "Da öffnete sich mir fast natürlich die Gewissheit, dass dies der Ort sein würde, an den ich mich zurückziehen konnte, um auf meine Weise den Gebetsdienst, zu dem Papst Johannes Paul II. dieses Haus bestimmt hatte, fortzusetzen".
Mit dem Abdruck des Interviews informiert die Zeitung auch über eine neue Biografie über Benedikt XVI., das am 30. August in die italienischen Buchhandlungen kommen soll und auch einen Interview-Teil hat. Verfasser des Buches ist der italienische Theologe Elio Guerriero. Er ist auch Autor des am Mittwoch abgedruckten Interviews; es liegt nahe, dass es sich um eine Vorabveröffentlichung handelt.
Am 11. Februar 2013 hatte Benedikt XVI. vor den versammelten Kardinälen überraschend seinen Amtsverzicht angekündigt. Es war der erste freiwillige Rücktritt eines Papstes seit dem Mittelalter. Seither lebt der Emeritus zurückgezogen in dem früheren Kloster in den vatikanischen Gärten. Interviews gibt er nur selten. (KNA)
24.08.2016, 14.13 Uhr: aktualisiert um weitere Details aus dem Interview