Besucher im Glauben stärken
Von Ratibor erklärte unmittelbar nach der Entscheidung: "Meine Familie setzt sich seit 200 Jahren für den Erhalt und das Management der Anlage ein. Die Ernennung zum Welterbe sehen wir als Anerkennung dieses Engagements und als Verpflichtung, uns künftig umso stärker für den Erhalt einzusetzen". Die ehemalige Abteikirche von Corvey , zu der auch das karolingische Westwerk gehört - sozusagen das Herz der neuen Welterbe-Stätte - befindet sich im Besitz der Kirche. Für sie war Pfarrdechant Ludger Eilebrecht in Katar dabei. Auch er bedankte sich bei den 20 Komitee-Mitgliedern, die dem Antrag ohne Ausnahme zugestimmt hatten.
Der Geistliche erklärte: "Wir wollen nicht nur Touristenattraktion sein. Denn Corvey ist ein Ort mit mehr als 1000-jähriger gelebter Glaubenstradition. Wir wollen die Besucher als Pilger begrüßen und im Glauben gestärkt wieder verabschieden."
Große Chance für Höxter und die Region
In Corvey an der Weser feierte unterdessen Claudia Konrad, Geschäftsführerin des Kulturkreises Höxter-Corvey, den Erfolg mit ihrem Team und mit spontan zum Kloster kommenden Gästen. "Die 16 Jahre Vorbereitung für den Antrag haben sich gelohnt. Die Freude ist groß. Aber jetzt fängt die Arbeit erst richtig an."
Corvey liegt nahe der Stadt Höxter im idyllischen Weserbergland am Rande von Ostwestfalen-Lippe - weitab großer Reiserouten. Künftig sollen Hinweistafeln an den Autobahnen auf das neue Welterbe aufmerksam machen. Und das ist nur einer von vielen Plänen, die die Corveyer schon im umfangreichen Managementplan dargelegt haben, der zum Welterbe-Antrag gehörte.
Der ehemalige Bundesminister Klaus Töpfer und Ehrenbürger der Stadt Höxter bringt es auf den Punkt: "Der Welterbe-Titel ist eine große Chance für Höxter und für die gesamte Region. Wir müssen jetzt intensiv daran arbeiten, dass Pläne ausgearbeitet und umgesetzt werden: ob zur Besucherlenkung oder für die Öffentlichkeitsarbeit - alles natürlich unterstützt von Bund und Land".
Vorbereitet auf Besucheransturm
Bis zu 80.000 Besucher kamen bislang pro Jahr, um das ehemalige Kloster zu besichtigen. Aller Erfahrung nach bringt der Titel "Welterbestätte" einen deutlichen Anstieg der Besucherzahlen mit sich. So verzeichnete die Stadt Kassel nach der Welterbe-Ernennung im vergangenen Jahr bis zu 90.000 Besucher pro Tag im Bergpark Wilhelmshöhe. Für diesen Sommer wurde eigens ein Verkehrskonzept erarbeitet, um dem Andrang gerecht zu werden.
In Corvey sieht man sich für den ersten Besucheransturm gewappnet. "Die Infrastruktur, die wir hier haben, verträgt einiges mehr an Besuchern", ist Viktor Herzog von Ratibor und Fürst von Corvey überzeugt. "Wir können sicher mehr als 100.000 Leute im Jahr hier bewältigen." Pläne für erforderliche Maßnahmen lägen bereits in der Schublade.
Es sind noch Baumaßnahmen nötig
Doch auch die Weiterentwicklung des Denkmals selbst liegt dem Besitzer der ehemaligen Klosteranlage am Herzen. "Es gibt in Corvey eine ganze Reihe von Projekten, die man angehen könnte. Es gibt reichlich bauliche Maßnahmen, die notwendig sind. Und es gibt natürlich auch neue Dinge, die man für Besucher attraktiv gestalten könnte."
So ist für die Gäste bislang von der ebenfalls zum Welterbe gehörenden frühmittelalterlichen Klosterstadt Civitas Corvey wenig zu sehen. Sie befindet sich als Bodendenkmal im Erdreich. Wie man sie künftig sinnlich erfahrbar machen kann, ist eine der Aufgaben, denen sich die neue Welterbestätte stellen muss. Wobei der Schutz und Erhalt für künftige Generationen stets den Vorrang habe, betont der Besitzer.
Der begehrte Titel des Welterbes beinhaltet auch eine besondere Verantwortung. Und nicht immer bringt die steigende Beliebtheit nur positive Effekte mit sich. So ist die Kirche St. Georg auf der Insel Reichenau - Welterbestätte seit dem Jahr 2000 - auf Anraten des Denkmalamtes von Baden-Württemberg im Sommer nur noch für Führungen und Gottesdienste geöffnet. Durch den Besucheranstieg hatte sich das Raumklima in der kleinen Kirche nach Angaben der Denkmalschützer "dramatisch verschlechtert", Schimmel und Bakterien gefährdeten die wertvollen Wandmalereien.
Von Beate Depping (dpa)