Bischöfe diskutieren ihren eigenen Lebensstil
Über die Bewahrung der Schöpfung haben die deutschen Bischöfe in den vergangenen Jahren immer wieder gesprochen, über die praktische Seite des Umweltschutzes nicht. Wohl auch deshalb herrschte in manchen Medien jener Eindruck vor, den der Freiburger Weihbischof Bernd Uhl am Mittwoch in Fulda so beschrieb: Die katholische Kirche in Deutschland engagiere sich zwar in "wohlfeilen Reden", tue aber "wenig substantiell für die Bewahrung der Schöpfung". Papst Franziskus erfahre für seinen Einsatz für Umwelt- und Klimaschutz große Anerkennung. In der deutschen Öffentlichkeit herrsche daher bisweilen eine große Unkenntnis darüber, welche Umwelt-Projekte es in den Bistümern und Gemeinden bereits gebe, so Uhl. Der Weihbischof leitet die Arbeitsgruppe für ökologische Fragen der Deutschen Bischofskonferenz.
Durchaus selbstkritisch sagte Uhl aber auch: "Wir sollten nicht so tun, als ob wir eine kleine Kirchenmaus sind, in der Ökologie sind wir ein schlafender Riese."
Ihr Praxisdefizit in Sachen Umwelt- und Klimaschutz wollten die Bischöfe am Mittwoch beheben. Beim Studientag mit dem Titel "Schöpfungsverantwortung nach 'Laudato si' – Umwelt und integrale Entwicklung als Aufgabe der Kirche" ging es erstmals nicht nur um die theologisch-programmatische Ebene der Ökologie, sondern auch um die praktische Seite, um Energiesparlampen, Solaranlagen und Wärmedämmung. Aber auch darum, ob und wie sich die Kirche politisch zum Thema Klimaschutz einbringen soll. Dazu wurden der Vollversammlung sogenannte Best-Practice-Beispiele vorgestellt, etwa das Öko-Konzept des Erzbistums Freiburg, das bis 2030 klimaneutral sein will.
Eigener Lebensstil auf dem Prüfstand
Aber die deutschen Bischöfe haben nicht nur über Klimaschutz in ihren Bistümern, sondern auch über die ökologische Bilanz ihres eigenen Lebensstils gesprochen. Nach Angaben des Essener Bischofs Franz-Josef Overbeck ging es auch um eine Umstellung der Fuhrparks auf Elektroautos und eine CO-Kompensation für Flugreisen der Bischöfe. Generell seien die Bischöfe bereits jetzt "ökologisch sehr sensibel", was die Wahl der Verkehrsmittel betreffe, betonte Overbeck. Für die Bistümer stellte Overbeck für das nächste Jahr eine Selbstverpflichtung zum Klimaschutz in Aussicht. Wie eine solche konkrete aussehen könnte, und ob alle Bistümer den hohen Freiburger Standard erreichen können, blieb noch offen.
Dass es in der Praxis nicht mit einem einfachen Aufwecken des "schlafenden Riesen" Kirche getan ist, machte der Trierer Bischof Stephan Ackermann deutlich. Klimaschutz gebe es nicht zum Nulltarif, so Ackermann, der die Deutsche Kommission "Justitia et pax" leitet. Wenn die zuständigen Gremien in den Bistümern ihr Land nur für eine ökologische nachhaltige Nutzung verpachten sollten, müssten sie bereit sein, finanzielle Einbußen in Kauf zu nehmen.
Zuletzt gab es auch innerkirchliche Kritik am Umgang der Bistümer mit ihrem Landbesitz. Der Cellerar des Benediktiner-Klosters Plankstetten, Andreas Schmidt, hatte den Bistümern vorgehalten, sie würden mit ihrer Verpachtungspraxis nicht den Ansprüchen von "Laudato si" genügen.
Mit Hans Joachim Schellnhuber hatten die Bischöfe für ihren Studientag einen der weltweit renommiertesten Fachleute eingeladen. Die Kirche tue schon viel zum Klimaschutz, aber das Engagement in Deutschland könne durchaus noch verdoppelt oder verdreifacht werden, sagte der Leiter des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung am Mittwoch. Schellnhuber, der "Laudato si" im Vatikan vorgestellt hatte, sieht die Kirche doppelt in der Pflicht. Sie müsse selbst ganz konkret zum Klimaschutz beitragen, aber auch ihre Stimme in der politischen Debatte erheben. Der Klimaforscher wünschte sich, dass die deutschen Bischöfe von der künftigen Bundesregierung eine Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens einfordern.
"Der Papst ist mächtiger als Donald Trump"
Dass der Papst mit "Laudato si" auch in der Deutschen Bischofskonferenz ein Umdenken hin zu einem umfassenderen Ökologie-Begriff angestoßen hat, wurde nicht zuletzt an der personellen Besetzung der Pressekonferenz deutlich. Früher wäre wohl nur Bischof Overbeck als Vorsitzender der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen zu diesem Thema vor die Presse getreten. Am Mittwoch kamen auch die Vorsitzenden der Kommission Weltkirche, Erzbischof Ludwig Schick, und der Vorsitzende der Deutschen Kommission "Justitia et pax", Stephan Ackermann.
Erzbischof Schick machte deutlich, dass nicht alle Bischofskonferenzen die Prioritäten so setzen wie die deutsche, nämlich erst über "Amoris laetitia" zu beraten und dann, nach zwei Jahren, über "Laudato si". Er erinnerte an das Wort von Papua Neuguineas Kardinal Ribat: "'Amoris laetitia' kann bei uns warten, 'Laudato si' nicht." Als wichtiges Instrument zur Unterstützung der vom Klimawandel besonders gefährdeten Länder nannte Schick die kirchlichen Hilfswerke.
Schellnhuber machte deutlich, dass die Zeit drängt. Nur noch drei bis fünf Jahre blieben, um den CO-Ausstoß so zu reduzieren, dass das Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens erreicht werden kann, die Erderwärmung auf maximal zwei Grad zu begrenzen. Doch Schellnhuber schloss mit einem optimistischen Ausblick in Sachen Klimaschutz: "Papst Franziskus ist mächtiger als Donald Trump."