Bistum kritisiert ARD-Bericht über Domspatzen
Mit "Erschütterung und Bedauern" hat das Bistum Regensburg auf einen Bericht der ARD zu Übergriffen bei den Regensburger Domspatzen regiert. Zugleich betonten Sprecher Clemens Neck und Christof Hartmann von der Stiftung Regensburger Domspatzen am Mittwoch, dass die in der Sendung Report Mainz thematisierten Fälle von Missbrauch und sexueller Gewalt auch unter Schülern nicht neu seien. Der unabhängige Ermittler Ulrich Weber habe diese bereits in seinem im vergangenen Jahr vorgelegten Abschlussbericht zu den jahrzehntelangen Übergriffen bei den Domspatzen verzeichnet.
Das Thema werde darüber hinaus derzeit im Rahmen einer sozialwissenschaftlichen Studie geprüft. Diese entsteht den Angaben zufolge in Verantwortung des Direktors der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden, Martin Rettenberger, und soll im März 2019 vorgelegt werden.
Ähnlich wie Neck und Hartmann hatte sich zuvor schon Weber selbst geäußert. Gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) sprach der Regensburger Anwalt von "erwähnenswerten" Vorfällen, die jedoch bei den im Rahmen der Aufklärung bearbeiteten Berichten von Betroffenen keine dominante Rolle gespielt hätten.
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Mindestens 547 Opfer von Übergriffen hat es in den vergangenen Jahrzehnten bei den Regensburger Domspatzen gegeben. Das Bistum bittet nun um Entschuldigung und spricht von Versäumnissen. (Artikel vom Juli 2017)In dem von Weber und Johannes Baumeister verfassten Abschlussbericht heißt es, dass es auch "sexuelle Gewalt oder einvernehmliche sexuelle Kontakte unter Mitschülern" gegeben habe. Davon hätten allerdings nur einige Schüler Kenntnis besessen: "Von einem generell sexualisierten Klima im Gymnasium kann demnach auf Basis des vorliegenden Datenmaterials nicht ausgegangen werden."
Ältere Schüler griffen Jüngere an
Report Mainz hatte am Dienstagabend über sexuelle Übergriffe von älteren auf jüngere Schüler berichtet. Ein ehemaliges Mitglied der Domspatzen, das von 1987 bis 1992 das Internat des Chores besuchte, spricht in dem Beitrag davon, es sei "gängige Praxis" gewesen, dass sich ältere an jüngeren Schülern vergriffen hätten: "Und nicht nur einer mit einem, sondern mehrere Acht-, Neunt-, Zehntklässler, die sich dann die Sechst- und Siebtklässler geangelt haben. Also, von sich gegenseitig mit der Hand befriedigen hin zu Oralverkehr und auch Analverkehr."
Zudem greift der Beitrag den Fall eines ehemaligen Domspatzen-Schülers auf, der Ende 2016 zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt wurde, unter anderem wegen schweren sexuellen Missbrauchs. Zu seinen Opfern zählten den Angaben zufolge damals auch zwei jüngere Schüler des Domspatzengymnasiums. Laut Urteil sei ein Missbrauchsfall möglicherweise schon während der Internatszeit geschehen, allerdings außerhalb der Schule. Alle anderen Übergriffe fanden nach der gemeinsamen Domspatzenzeit bei privaten Übernachtungen statt.
Laut Webers Bericht wurden insgesamt 547 Regensburger Domspatzen seit 1945 "mit hoher Plausibilität" Opfer von Übergriffen durch Erwachsene, davon wurden 67 Domspatzen sexuell missbraucht. (KNA)