Europas Dombaumeister stellen ihre Arbeit vor

Blick in eine faszinierende Welt aus Stein

Veröffentlicht am 25.09.2015 um 13:50 Uhr – Von Hannah Hufnagel (KNA)  – Lesedauer: 
Architektur

Hamburg ‐ Egal ob Dome, Münster oder Kathedralen: Die riesigen Gebäude aus Stein sind seit jeher faszinierend. Für ihren Fortbestand sorgen - oft unbemerkt - die Dombaumeister. 120 von ihnen aus ganz Europa treffen sich derzeit zu ihrer Jahrestagung in Hamburg.

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Noch immer arbeiten Hunderte Männer und Frauen in Vollzeit an Europas Großkirchen. Weil ihre Projekte so einzigartig sind, hat der fachliche Austausch über Ländergrenzen hinweg seit Jahrhunderten Tradition. Europas Dombaumeister treffen sich dieses Jahr in der Hamburger Hauptkirche Sankt Michaelis, um die Herausforderungen ihrer Zeit zu diskutieren.

Europas Dombaumeister bauen nicht mehr, sie erhalten das kulturelle Erbe für die nächsten Generationen. In mühevoller Kleinarbeit konservieren sie die Baukunst ihrer Kollegen, die mitunter vor 1.000 Jahren am Werk waren. "Mit unseren Vorgängern verbindet uns die Aufgabe, auf Grundlage des überkommenen Handwerks immer auf der Suche nach Lösungen zu sein müssen, für die es noch keine Methoden gibt", erklärte Hauck, ehemals Dombaumeister in Passau und Köln. "Auch wenn wir heute mit Hightech und auf höchstem wissenschaftlichen Niveau arbeiten, unterscheidet uns nichts Wesentliches von den Kollegen im Mittelalter."

Egal ob Gartenlaube oder große Villa mit Park...

Für die Freiburger Daumbaumeisterin Yvonne Faller ist ihre Arbeit im Kampf gegen die Verwitterung "eine völlig normale Aufgabe". Dem überraschten Publikum bot sie einen Vergleich: "Sie werden es kennen, wenn Sie Immobilienbesitzer sind - sei es eine kleine Gartenlaube oder eine große Villa mit Park: Ständig muss erneuert werden, die Regenrinnen ausgebessert, die Fenster neu lackiert... Bei unseren Bauwerken sind einfach die Oberflächen viel größer, so dass mehr zu tun ist."

Michael Hauck ist Dombaumeister am Kölner Dom
Bild: ©dpa

Michael Hauck war Dombaumeister am Kölner Dom.

Zu den größten Herausforderungen zählen für Faller und ihre Kollegen von der Freiburger Dombauhütte die alten Materialien und die ebenso alten Techniken. Auch heute können noch nicht alle Aufgaben mit Maschinen erledigt werden. So kommt das Schmiedeeisen für das Freiburger Münster beispielsweise ausschließlich aus England, da eine vergleichbare Qualität in Deutschland nicht mehr zu finden sei; das nötige Werkzeug schmiedet ein Schlosser per Hand, einer der letzten seiner Zunft.

Die weit verbreitete Annahme, im Dombauwerk seien Frauen noch immer eine exotische Ausnahme, will Faller nicht gelten lassen: "Sie sehen hier auf dem Foto die Realität: Im Turmteam sind wir fifty-fifty. Alle arbeiten mit Herz und Verstand an ihrem Bauwerk und das ist so normal, dass ich glaube, dass es nicht nötig ist, weiter darüber zu diskutieren." Schließlich sei sie als leitende Baumeisterin in die Fußstapfen längst pensionierter Vorgängerinnen getreten.

Zwischen Sakralbau und der Hamburger Elbphilharmonie

Hauck räumt auch mit dem Eindruck auf, in den Dombauhütten arbeiteten Exoten am Bau. Auch wenn die Arbeit an einem Sakralbau eine besondere Herausforderung bleibe, seien die traditionellen Bauhütten im modernen Baugewerbe nichts Außergewöhnliches: "Die Koordinierung und Steuerung vieler Gewerke auf ein gemeinsames Ziel hin ist auch heute noch entscheidend. Ohne straff organisierte Bauhütten wäre die Errichtung eines Bundeskanzleramts, eines Berliner Flughafens oder der Hamburger Elbphilharmonie nicht möglich", so der 55-Jährige.

Dass weder in Hamburg noch in Berlin die Termine und Fristen eingehalten werden konnten, kann Dombaumeister nicht schrecken. Solche Dauerbaustellen waren vielen Städten über Jahrhunderte vertraut, die sich an den Bau eines Domes gewagt hatten. In Freiburg etwa zahlte sich die Geduld aus. Rund 85 Prozent der mittelalterlichen Baukunst trotzen seit 500 Jahren Wind und Wetter. Fertig mit ihrer Arbeit sind Dombaumeister aber nie.

Von Hannah Hufnagel (KNA)