"Brücken bauen, wo sie abgerissen wurden"
Die Bischöfe wandten sich gegen jede Form von Diffamierung, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit. Der Vorsitzende der Freisinger Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, zeigte sich überzeugt, dass dies auch die "überwältigende Mehrheit der Gesellschaft" so sehe. "Es ist nicht wahr, dass die Gesellschaft gespalten ist", fügte Marx hinzu. Dies sollte auch "nicht töricht durch aggressive Verschärfung herbeigeredet werden". Die Kirche habe den Auftrag, "Brücken zu bauen, wo sie abgerissen wurden" und Verständigung auch dort zu ermöglichen, "wo sich Leute verrannt haben".
Zum Rücktritt des Zornedinger Pfarrers sagte Marx, der Geistliche sollte jetzt in Ruhe gelassen werden und andernorts die Gelegenheit zu einem neuen Anfang erhalten. Dabei gelte es zu respektieren, dass auch dem Priester "nicht an einer Diskussion gelegen ist, die Maß und Mitte verliert". Und: Die Solidaritätskundgebung mit rund 3.000 Teilnehmern am Mittwochabend in Zorneding werde dem aus dem Kongo stammenden Olivier Ndjimbi-Tshiende gut tun. Der Priester hatte nach mehreren rassistisch motivierten Morddrohungen am Sonntag seine Stelle als Pfarrer der nahe München gelegenen Gemeinde aufgegeben. Das Ziel sollte es laut Marx nun sein, in Zorneding wieder ein Klima des Vertrauens und guten Zusammenlebens zu erreichen. "Wir sollten mit Ruhe und Gelassenheit aber entschieden jedem Anflug von Hass entgegengetreten."
Marx: Wir alle bekommen schreckliche und ekelhafte Mails
Der Kardinal betonte zugleich, er könne nicht erkennen, "dass unsere ausländischen Priester besonders bedroht wären". Bischöfe und Politiker, "wir alle bekommen schreckliche und ekelhafte Mails, aber ich lese das nicht alles". Es helfe nicht weiter, das zu veröffentlichen. Er selbst habe auch schon zweimal unter Polizeischutz gestanden. "Damit muss man als öffentliche Person leben." Bei Gesprächen mit Verantwortlichen der Stadt Passau hätten sich die bayerischen Bischöfe überzeugen können, dass der Freistaat die Herausforderung durch den Flüchtlingszuzug bisher "gut gemeistert hat und auch weiterhin meistern kann". Der Passauer Bischof Stefan Oster ergänzte, zu Spitzenzeiten seien wöchentlich 40.000 Flüchtlinge über die Grenze gekommen. Ohne jede Stimmungsmache und Parteiquerelen habe sich die Stadt dieser Herausforderung gestellt.
Marx berichtete von einer steigenden Zahl muslimischer Flüchtlinge, die sich taufen lassen wollten. In einigen Herkunftsländern wie Syrien sei eine Konversion zwar rechtlich erlaubt, aber faktisch unmöglich gewesen. Diese müssten nun in Deutschland zu einer reifen Entscheidung begleitet werden. Der spontane Wunsch, zur christlichen Mehrheitsgesellschaft dazuzugehören, reiche dafür nicht aus.
Verstärkt für Christen unterschiedlicher Konfessionen engagieren
Gleichzeitig wolle man sich verstärkt für Christen unterschiedlicher Konfessionen engagieren, die als Flüchtlinge aus dem Nahen Osten und aus Afrika nach Deutschland kommen, heißt es in der Abschlusserklärung. Dazu seien in den kommenden Jahren besondere ökumenische Anstrengungen erforderlich. Gottesdiensträume müssten bereitgestellt und Gemeindeneugründungen unterstützt werden. Die Bischöfe wollen sich dabei nach eigenen Angaben finanziell und pastoral engagieren. Es sei wichtig, dass die Menschen mit ihren kirchlichen Traditionen in Deutschland geistige Beheimatung und praktische Unterstützung fänden.
Marx, bezeichnete es außerdem als Aufgabe, dafür zu sorgen, "dass christliche Flüchtlinge hier bei uns nicht in neue Bedrängnisse geraten". Berichten über entsprechende Vorfälle gehe er nach. Dabei dürfe aber nicht übersehen werden, dass sich auch Muslime "nicht immer freundlich gesonnen" seien, und dass es auch zu Reibereien zwischen unterschiedlichen Ethnien komme. Die Bischofskonferenz schätzt den Anteil der Christen an den syrischen Flüchtlingen in Deutschland auf 10 bis 20 Prozent. Noch fehle der Überblick zu ihrer genauen Zahl und dazu, wo sie für längere Zeit oder endgültig blieben, sagte Marx. Viele Bischöfe aus dem Nahen Osten hätten zugleich die "berechtigte Angst, dass ihre geflohenen Kirchenmitglieder nie wieder zurückkehren". Diese seien meist gut ausgebildet und fehlten dann für den Wiederaufbau.
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Die Bischöfe äußerten sich zum Abschluss ihrer Vollversammlung außerdem über die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU), an der man "eine ganze Reihe von beeindruckenden Fortschritten" gemacht habe. Die theologische Fakultät habe sich als bisher einzige in Deutschland vom Wissenschaftsrat evaluieren lassen, so Marx. Zudem erhalte sie möglicherweise bald ebenfalls als einzige eine Heisenberg-Professur der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Ziel sei die Erforschung neuer Perspektiven der "Theologie in Transformationsprozessen der Gegenwart".
Mitte April wird außerdem ein neues Zentrum für Flucht und Migration an der KU eröffnet. Dazu hat sich der Sonderbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz für Flüchtlingsfragen, der Hamburger Erzbischof Stefan Heße, angekündigt. Aufgabe der Einrichtung wird es laut Marx sein, Fluchtursachen und Integrationsprozesse zu erforschen. Multiplikatoren, Lehrkräfte, Erzieher und Sozialpädagogen würden ausgebildet. Auch Flüchtlinge sollen an dem Zentrum studieren können. Das neue Projekt "Inklusives Leben und Lernen in der Schule" soll Lehramtsstudierende mit der UN-Behindertenrechtskonvention vertraut machen.
KU Eichstätt auf gutem Weg bei Präsidentensuche
Der KU-Stiftungsratsvorsitzende, der Augsburger Weihbischof Anton Losinger, informierte die Konferenz darüber, dass das Verfahren zur Wahl eines neuen Präsidenten auf einem guten Wege sei. Offiziell hat die Suche nach einer "in Forschung und Lehre ausgewiesene, führungsstarke Persönlichkeit" mit Leitungskompetenz und Organisationsgeschick" im Dezember 2015 begonnen. In den Jahren zuvor waren die Bemühungen, einen neuen Präsidenten zu wählen, mehrfach fehlgeschlagen.
Kommissarisch wird die Hochschule derzeit von der Sprachwissenschaftlerin Gabriele Gien geleitet. Die KU ist die einzige katholische Universität im deutschsprachigen Raum. Sie wird von den bayerischen Bistümern getragen. Diese erhöhten ihr finanzielles Engagement im vergangenen Jahr auf jährlich gut 15 Millionen Euro. Auch Papst Franziskus hatte sich zuletzt hinter die Universität gestellt. Sie sei "von großem Wert für ganz Deutschland". Ein Engagement aller deutschen Bischöfe sei wünschenswert, um ihre überregionale Bedeutung zu stärken, so der Papst. (bod/KNA)