Das erste Mal beschenkt werden
Ich ergänzte munter: "Oh ja, sollen wir mal schauen, ob er was in die Stiefel gesteckt hat?" Meine Tochter gähnte und meinte: "Mama, ich will jetzt erst Mal frühstücken." Ich fühlte mich in meiner (über-)eifrigen Vorfreude empfindlich gedämpft. "Hallo Kind, du bist doch in der magischen Phase!!" Die dauert vom dritten bis zum fünften Lebensjahr und schließt die Existenz von Nikolaus und Christkind ebenso ein, wie von Hexen und Gespenstern, sagen schlaue entwicklungspsychologische Bücher.
Apfel, Nuss und Stickerbogen
Nach Kakao und Wurstbrot, ließ sich unsere Tochter schließlich doch dazu herab, mit uns in den Hausflur zu treten und Apfel, Nuss und Mandelkern (sowie zwei CDs, einen Stickerbogen und ein Weihnachtsliederbuch) entgegenzunehmen. Die "Ahs" und "Ohs" und weitere spitze Begeisterungsschreie steuerten allerdings wir Großen bei. Ein bisschen mag es auch daran liegen, dass unsere Tochter es nicht so mit Geschenken hat. Ihr derzeit sehnlichster Wunsch: "Ich möchte, dass es schneit!"
Schnee hat sie bewusst noch nie erlebt, beim letzten Mal war sie noch zu klein. Da half auch nicht der Schlitten, den die Großeltern vergangenes Jahr zu Weihnachten schenkten. Wir wohnen eben am Rhein und nicht auf der Alm. Dank der magischen Phase interessieren sie solche meteorologischen Gegebenheiten naturgemäß eher weniger und sie bleibt überzeugt, dass man nur oft genug "Schneeflöckchen, Weißröckchen" singen muss, damit es endlich weiß wird.
Andere Wünsche dagegen hat sie nicht. Ein tolles Kind! Aber auch ein wenig anstrengend, wenn einem mehrere Großeltern, Tanten, Onkel und Paten in den Ohren liegen und wissen möchten, was denn, bitteschön, das Christkind bringen soll.
Christkind oder Weihnachtsmann
Also habe ich mich hingesetzt, meiner Tochter tief in die Augen geschaut und gefragt: "Schatz, was wünschst du dir denn vom Christkind zu Weihnachten?" Sie schaute ebenso intensiv zurück und meinte: "Wieso Christkind, an Weihnachten kommt doch der Weihnachtsmann!" Oh nein! Jetzt muss man dazu wissen, dass ich - schön katholisch - im Glauben ans Christkind aufgewachsen bin und es für mich nichts Schöneres und Mystischeres gab. Genau diesen Glauben, wollte ich auch meinem Kind vermitteln. Und nun das!
Aber es sollte noch dicker kommen: "Also, erst kommt ja der Osterhase und dann schneit es und dann sucht man im Schnee die Ostereier", erklärte mir meine Tochter im Brustton der Überzeugung. Und ich musste an Ostern 2013 denken. Da hatte es tatsächlich geschneit. "Und wann kommt dann der Weihnachtsmann?", frage ich vorsichtig. "Na, wenn alle Ostereier gegessen sind!" Alles klar. Das hat man als Mutter davon, wenn heutzutage alle miterziehen wollen: die Kita, die Freunde, der Kinderkanal und allen voran der eigene Ehemann.
Tja, und so kommt es also, dass ich ans Christkind glaube - äh, also geglaubt habe – und meine Tochter sich nicht mehr vom Weihnachtsmann abbringen lässt. Denn wenn sie sich mal etwas in den Kopf gesetzt hat, bleibt sie auch dabei. Da ist sie konsequent. Jedenfalls sagte meine Tochter, nachdem sie die Sache mit dem Weihnachtsmann klargestellt hatte: "Ich muss erst überlegen, was ich mir wünsche."
Ganz besondere Geschenke
Sehr gut, dachte ich, das Kind nimmt die Sache ernst. Eine halbe Stunde später kam sie zu mir und meinte: "Also, ich wünsche mir Gabeln." "Gabeln?", wiederholte ich verdattert und dachte an Kinderbesteck oder an ein Puppenservice. "Ja, Gabeln! Der Weihnachtsmann bringt doch gute Gabeln", strahlte sie mich an und ergänzte hilfreich: "Das sind Geschenke!" Ich sagte gar nichts mehr, sondern versuchte vergeblich einen Lachanfall zu unterdrücken.
Frühstück oder Nikolaus, Weihnachtsmann oder Christkind, Ostereier im Schnee? Egal, ich mache mir definitiv zu viele Gedanken. Eins aber ist klar: Auf die Weihnachtszeit mit meiner Dreijährigen habe ich mich zu Recht gefreut, denn ich habe selten so viel Spaß gehabt.