"Das ist wie eine Sucht"
Frage: Michael Baier ist der geistige Vater der Reihe. Seit Staffel 14 haben Sie den Stab von ihm übernommen und sind für die Drehbücher verantwortlich. Mussten Sie überredet werden?
Werner: Nein, bei Michael Baier muss man nicht überredet werden. Für mich ist er der beste Drehbuchautor für Serien, den es in Deutschland gibt. Er breitet einem den roten Teppich mit extra hohem Flausch aus, über den man nur noch drüberlaufen muss. Eine Serie von ihm würde ich immer übernehmen.
Frage: Und Sie haben das schon öfter getan ...
Werner: Ja, bei "Freunde fürs Leben", "Samt und Seide" und jetzt bei "Um Himmels Willen". Die Figuren waren jedes Mal schon so grandios gesetzt. Da kann man nur weitermachen und versuchen, einigermaßen an Baier heranzukommen. Deswegen nenne ich ihn immer den "Meister".
Frage: Was reizt einen Autor, der selbst schon viel - sogar "Tatorte" - geschrieben hat, einen solchen Dauerbrenner am Laufen zu halten?
Werner: Du kannst diese Figuren in alle möglichen Richtungen treiben, und irgendwann, wenn du die ersten Bücher geschrieben hast, werden sie Teil deines Lebens. Mit Produzentin Claudia Sihler-Rosei und Producer Jochen Zacay sitze ich vor jeder neuen Staffel zusammen. Wir überlegen und spinnen rum, wie der nächste Kampf ums Kloster aussehen könnte und wie wir Bürgermeister Wöller und Hanna wieder in den Wahnsinn treiben. Das ist wie eine Sucht, da kannst du nicht aufhören.
Frage: Worauf kommt es bei guter Unterhaltung an?
Werner: Gerade bei einer Komödie ist es wichtig, die Figuren ernst zu nehmen, sonst driftet die Geschichte schnell in die Klamotte ab. Bei der Figur von Wöller hat Baier das hervorragend gemacht. Dieser Bürgermeister ist eine zutiefst tragische Figur. Er lebt allein, wird von niemandem so richtig geliebt und opfert sich für sein Kaltenthal auf. Gleichzeitig ist er ein Gauner und Betrüger, aber er tut es immer aus einer positiven Haltung heraus. Komische Figuren müssen zutiefst tragisch sein, darum funktioniert auch der Humor bei dieser Reihe so gut.
Frage: Baier hat als ehemaliger Pallottiner-Schüler einen katholischen Hintergrund. Wie sieht das bei Ihnen aus?
Werner: Null. Ich war zwar evangelisch, bin aber mit 18 Jahren aus der Kirche ausgetreten. Mit Hilfe von Baier habe ich mich in diese katholische Welt eingearbeitet und kann mir bei ihm auch stets Rat holen. Auch mit einer Klosterschwester und einem Pfarrer habe ich gesprochen sowie mit einem guten Freund, der Bücher über Luther und Ratzinger geschrieben hat. Aus allen Richtungen hole ich mir Ideen für die Geschichten. Dazu kommt dann noch ein einigermaßen gesunder Menschenverstand.
Frage: Wenn Sie in diese theologische Welt eintauchen, gewinnen Sie dabei neue Erkenntnisse?
Werner: Das sind immer interessante Gespräche, auch wenn nur fünf Dialogsätze herauskommen. Aber man philosophiert viel. Durch die Beschäftigung mit der Kirche bekommt man auf die Welt einen ganz anderen Blickwinkel. Ich empfinde dies privat als einen sehr hohen Gewinn.
Frage: Inwieweit hat sich der Papstwechsel auf die Bücher ausgewirkt?
Werner: Unsere Nonnen waren schon immer sehr tolerant und gut dafür, Kritik an Rom zu üben. Ich finde Papst Franziskus gut, weil er zumindest versucht, manches aufzubrechen. Das fließt auch in die Serie ein.
Frage: Die neue Oberin Theodora, gespielt von Nina Hoger, setzt mehr auf Armut als ihre Vorgängerin ...
Werner: Theodora wird in der nächsten Staffel einiges mitmachen. Die hat allen Grund dazu, demütig zu sein. Bekannt ist, dass sie mal verheiratet war. Jetzt lernt man ihre ganze Backstory kennen. "Um Himmels Willen" kann nicht die Welt verändern, aber Themen anstoßen, etwa Homosexualität oder mögliche Kirchenreformen.
Frage: Papst Franziskus wünscht sich Priester wie die Filmfigur Don Camillo. Auch Schwester Hanna hat stets ein Ohr für die Nöte ihrer Mitmenschen. Schalten die Leute deswegen ein?
Werner: Die Menschen haben in einer Notlage den Wunsch, dass jemand da ist, der sich ganz ohne Hintergedanken um einen kümmert. Hanna nimmt den Menschen als Menschen und versucht, ihm zu helfen. Ich hätte gerne in meiner Nähe eine echte Schwester Hanna. Übrigens, wenn wir im Moment nicht Menschen hätten, die Zeit und Kraft opfern, um etwa Flüchtlingen zu helfen, dann hätten wir viel mehr Probleme. Schwester Hanna ist ein schönes Beispiel, nach dem wir uns sehnen. Sind wir froh, dass es solche Menschen auch in Wirklichkeit gibt.