Das Kreuz bei Trump
So unterschiedlich ihre theologischen Traditionen - es eint die Verfasser des "Aufrufs zum Widerstand gegen Bigotterie" ihre Sorge um die Nominierung von Donald Trump zum Präsidentschaftskandidaten einer der beiden großen Parteien der USA.
"Die Kirchen in diesem Land und unser Land selbst sehen sich einer moralischen Bedrohung ausgesetzt", so erklären die Verfasser des Appells, warum sie ihre Zurückhaltung als Kirchenvertreter aufgeben und sich aktiv in den Wahlkampf einmischen. Die Situation sei nicht direkt vergleichbar, doch sie stelle in der Substanz christliche Werte ähnlich fundamental infrage wie einst der Aufstieg der Nazis in Deutschland oder die Apartheid in Südafrika, so der baptistische Moraltheologe David Gushee, Mitautor des Textes.
Widerstand von Christen herausgefordert
"Donald Trump fördert direkt rassische und religiöse Bigotterie, missachtet die Würde von Frauen, schadet dem öffentlichen Diskurs, beleidigt moralischen Anstand und versucht, Religion zu manipulieren," heißt es in dem Dokument. Der Aufstieg eines solch "demagogischen Kandidaten" fordere den Widerstand von Christen heraus. Seine Botschaft sei "die Antithese zu christlichen Werten"; es sei "die Zeit für Glaubensführer gekommen, das offen anzusprechen".
Die Verfasser erinnern an Trumps Angriffe auf den ersten schwarzen US-Präsidenten, dem er unterstellte, nicht in den USA, sondern in Kenia zur Welt gekommen zu sein. Auf der Liste inakzeptabler Ausfälle finden sich auch Mexikaner- und Muslimen-Hetze, Beleidigung von Frauen, Verspottung eines behinderten Reporters, Angriffe auf die Pressefreiheit und die Gewaltausbrüche bei einigen seiner Kundgebungen. "Wie uns Papst Franziskus kürzlich erinnert hat, ist die Christenheit aufgerufen, Brücken statt Mauern zu bauen", heißt es weiter.
Der Populist Trump kann sich allerdings auf einige Unterstützung im Lager evangelikaler Christen und auch bei katholischen Arbeitern stützen. Der konservative katholische Publizist George Marlin verweist in einem Beitrag für das Portal "The Catholic Thing" an den Erfolg Trumps in Regionen, die von zornigen Katholiken geprägt seien. Von Syracuse über Rochester (Bundesstaat New York) sowie Scranton und Erie (Pennsylvania) bis hin nach Detroit (Michigan) seien im sogenannten Rostgürtel der USA - also der ältesten Industrieregion der Vereinigten Staaten - zwischen 1979 und 2015 mehr als 7,2 Millionen Jobs verloren gegangen. Dort sei das durchschnittliche Haushaltseinkommen um rund 16.000 Dollar gesunken.
"Der kulturelle und wirtschaftliche Lebensstil von Millionen katholischer Arbeiter ist ausgelöscht worden", so Marlin. Dies sei der Nährboden, auf dem die Unterstützung für jemanden wie Trump gedeihe, erklärt er den Appeal Trumps, dem selbst ein öffentlicher Schlagabtausch mit dem Papst bei den Gläubigen nicht schadete. Franziskus hatte nach seinem Besuch in Mexiko erklärt, er wolle sich mit Blick auf die Einwanderer-Schelte Trumps nicht zu dessen Wählbarkeit äußern. "Ich sage nur, dass sich dieser Mann nicht wie ein Christ verhält, wenn er so etwas sagt."
Erzbischof: Einwanderer, Flüchtlinge und Arme werden zu Sündenböcken
Diese Sorge bringt auch der Erzbischof von Santa Fe im US-Bundesstaat New Mexiko, John Wester, zum Ausdruck. "Einige Rhetorik, die aus diesem Wahlkampfteam kommt, ist bedauernswert", sagte der Erzbischof des US-Bundesstaates mit dem landesweit höchsten Latino-Anteil. "Er macht Einwanderer, Flüchtlinge und Arme zu Sündenböcken."
Die katholische Bischofskonferenz der USA äußerte sich bislang nicht zu der sich abzeichnenden Nominierung. Trump ist offiziell noch nicht Präsidentschaftskandidat der Republikaner. Nach dem Ausscheiden von Ted Cruz und John Kasich ist er aber de facto nicht mehr zu stoppen.