Limburgs Ex-Generalvikar Kaspar bittet Missbrauchsopfer um Verzeihung

"Das tut mir leid"

Veröffentlicht am 09.04.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Bistum Limburg

Bonn ‐ Erstmals nach dem Rücktritt des Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst hat sich nun dessen ehemaliger Generalvikar Franz Kaspar zu Wort gemeldet. In einem am Dienstag veröffentlichten Schreiben äußerte er sein "tiefes Bedauern", dass das Bauprojekt auf dem Domberg das Bistum in die Krise gestürzt habe. Er hoffe, dass es nun zu einem "guten und erfolgreichen Neuanfang" komme.

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Zugleich entschuldigte sich Kaspar bei den Opfern von Gewalt und Missbrauch in der katholischen Behinderteneinrichtung Sankt Vincenzstift in Rüdesheim-Aulhausen, die er von 1970 bis 2006 leitete: "Ich teile die Bestürzung und Fassungslosigkeit all derjenigen, denen im Sankt Vincenzstift Aulhausen Leid zugefügt wurde und denen Unrecht geschehen ist. Das tut mir unendlich leid und dafür bitte ich um Entschuldigung", erklärte Kaspar.

"Höchstmaß an Sicherheit"

Als er 1970 die Leitung des Vincenzstifts übernahm, habe er Regelungen getroffen, so Kaspar weiter, die ein "Höchstmaß an Sicherheit" für die dort lebenden Menschen garantieren sollten.

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Video: © katholisch.de

Die beiden Männer, die das Bistum Limburg übergangsweise leiten, über ihre Aufgaben.

"Diese Regelungen untersagten selbstverständlich auch jede Form von Übergriffen und Verletzungen physischer und psychischer Art." Dass sich nun in Folge einer von Kaspars Nachfolger in Auftrag gegebenen Untersuchung mehrere Personen meldeten, die missbraucht wurden, mache ihn "tief betroffen".

Eine in der vergangenen Woche öffentlich vorgestellte Erhebung hatte belegt, dass es auch nach 1970 und damit in der Amtszeit von Kaspar im Vincenzstift sowie in der benachbarten katholischen Jugendhilfe Marienhausen Fälle von Gewalt und von Missbrauch gegeben hat. Für die Zeit von 1945 bis 1970 hatte dies bereits eine im vergangenen September von dem Stift veröffentlichte Studie belegt.

Telefon-Hotline für Betroffene

In deren Zusammenhang wurden von ehemaligen Heimkindern jedoch auch Vorwürfe geäußert, welche die Zeit nach 1970 betrafen. Dies nahm das Vincenzstift zum Anlass, eine telefonische Erhebung durchzuführen. Vom 28. Oktober vergangenen Jahres an war hierzu über drei Monate eine außerhalb des Stifts angesiedelte Hotline geschaltet. Anrufer hatten die Möglichkeit, auch anonym zu berichten.

Insgesamt gab es sieben Meldungen von ehemaligen Heimbewohnern, Angehörigen und einer ehemaligen Mitarbeiterin. Sie berichteten über körperliche, sexualisierte und psychische Gewalt. Insgesamt lasse sich auf ein höheres Gewaltaufkommen zu Beginn der 1970er Jahre schließen. Für die Zeit bis Anfang der 1980er Jahre seien gravierende Vorkommnisse genannt worden. Auf Informationen über derartige Vorfälle habe Kaspar nach Ansicht der Anruferinnen und Anrufer nicht angemessen reagiert, betonte die Leiterin der Telefonerhebung, Annerose Siebert, Professorin an der Fakultät Soziale Arbeit, Gesundheit und Pflege der Hochschule Ravensburg-Weingarten.

Das Vincenzstift gehört seit 2010 zu der in Köln ansässigen Josefs-Gesellschaft. Aufsichtsratsvorsitzender dieses Trägers von bundesweit mehreren Einrichtungen für behinderte Menschen war über viele Jahre bis zu seinem kürzlich erfolgten Rücktritt ebenfalls der frühere Limburger Generalvikar Franz Kaspar.

Tebartz-van Elst erhält das Aschekreuz von Franz Josef Kaspar.
Bild: ©KNA

Aschermittwoch 2012 im Limburger Dom: Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst erhält das Aschekreuz von Generalvikar Franz Josef Kaspar.

Kaspar weist Kunstkauf-Vorwürfe zurück

Zu Berichten, wonach Kaspar Gelder aus einem Fonds für das Vincenzstift für Kunstkäufe genutzt und einige Objekte in seiner Privatwohnung aufgestellt habe, erklärte er nun, er habe die Kunstwerke aus privaten Mitteln finanziert.

Vor zwei Wochen hatte Papst Franziskus den Amtsverzicht von Franz-Peter Tebartz-van Elst angenommen. Zuvor hatte es anhaltende Kritik am Führungsstil des Bischofs und an den explodierenden Kosten für das diözesane Zentrum in Limburg gegeben. Eine bischöfliche Kommission hatte das Vorhaben geprüft und dabei erhebliche Mängel aufgedeckt. Es seien systematisch zu niedrige Kosten angegeben und kirchliche Vorschriften umgangen worden, hieß es in dem ebenfalls vor zwei Wochen veröffentlichten Bericht .

In einer ersten Reaktion hatte Tebartz-van Elst die Anschuldigungen zurückgewiesen . Mit Blick auf den Vorwurf, er habe Mitwirkungsrechte der Kontrollgremien missachtet, hatte er die Verantwortung auf Franz Kaspar als damaligen Generalvikar gewiesen. Dieser habe als Einziger einen umfassenden Einblick in die Vermögensstruktur des Bischöflichen Stuhls gehabt. Wenige Tage später entschuldigte sich Tebartz jedoch und bat darum, seine frühere Stellungnahme sei nicht als Anfang einer neuen Auseinandersetzung zu sehen. (gho/KNA)

Dossier: Tiefer Fall

2008 hießen die Limburger Franz-Peter Tebartz-van Elst als neuen Bischof willkommen. Bald jedoch kommt zu ersten Konflikten. Im August 2013 eskaliert die Debatte um den Bischof und die Kosten für das Diözesane Zentrum in Limburg. Am 26. März 2014 dann die Eintscheidung aus Rom: Tebartz-van Elst wird nicht ins Bistum Limburg zurückkehren. Der Papst hat seinen angebotenen Amstverzicht angenommen. Katholisch.de dokumentiert alle wichtigen Etappen des Konflikts.