Debatte um Irlands größtes Priesterseminar
Drei Priesteramtskandidaten des Erzbistums Dublin sollen ihr Studium stattdessen am Irischen Päpstlichen Kolleg in Rom fortsetzen, sagte eine Sprecherin Martins bereits Ende Juli dem britischen katholischen Magazin "The Tablet". Martin selbst erklärte, er habe seine Entscheidung bereits vor einigen Monaten gefällt und im Juni den irischen Bischöfen mitgeteilt, wolle aber keinen von ihnen dazu auffordern, es ihm gleich zu tun. Gegenüber dem irischen Radiosender RTÉ erklärte der Erzbischof am Mittwoch, er sei "etwas unglücklich über eine wachsende Atmosphäre" im Seminar von Maynooth. Es sei kein gesunder Ausbildungsort für seine Seminaristen. Das im Jahr 1795 gegründete St. Patrick's College ist das älteste Priesterseminar in Irland. Es gilt mit derzeit ungefähr 80 Seminaristen als eine der größten Priesterausbildungsstätten in Europa.
In der Vergangenheit seien auf Blogs mehrfach "streitsüchtige" anonyme Anschuldigungen über Umtriebe im Seminar veröffentlicht worden, erklärte Martin seine Einschätzung. Die Vorwürfe richteten sich gegen angebliches Fehlverhalten der Studenten einerseits, sowie gegen ein mangelhaftes Einschreiten der Hausleitung andererseits. Demnach sollen am Seminar sexuelle Umtriebe sowie die Verwendung einer Schwulen-Dating-App verbreitet sein.
Linktipp: "Wir senken die Hürden nicht"
Die Zahl der Priesterkandidaten in Deutschland ist rückläufig. Hat das auch Auswirkungen auf ihre Qualität? Der Leiter des Regensburger Priesterseminars, Martin Priller, glaubt das nicht. Ein Interview. (Interview vom Juli 2016)"Ein Vorwurf ist, dass es eine homosexuelle, eine schwule Kultur gibt und dass Studenten die (Gay-Dating-App) Grindr verwendet haben", sagte Martin wörtlich. "Das wäre für die Seminaristen nicht nur deshalb unangemessen, weil sie ausgebildet werden, zölibatäre Priester zu sein, sondern weil eine App wie diese promiskuitive Sexualität fördert, was sicherlich in keiner Weise der gereiften Vorstellung von Sexualität entspricht, die man von einem Priester erwarten würde."
Zudem habe es Vorwürfe gegeben, die Verantwortlichen hätten Hinweise darauf ignoriert und Informanten sogar vom Seminar entfernt. Der Erzbischof selbst habe vorgeschlagen, eine unabhängige Person mit der Prüfung der Vorwürfe und als Ansprechpartner für "Whistleblower" zu beauftragen. Neben der Versetzung dreier Seminaristen nach Rom erklärte Martin, er werde im September keine weiteren Auszubildenden nach Maynooth schicken. Er würde es ohnehin vorziehen, wenn die Seminaristen in der pastoralen Realität einer Pfarrei in Dublin ausgebildet würden. Das Seminar in Maynooth sei gut, brauche aber strukturelle Reformen.
Seminarleiter: Seminaristen müssen zölibatär leben
Der Leiter des St. Patrick's College von Maynooth, Präsident Hugh Connolly, erklärte gegenüber RTÉ, derzeit gäbe es keine offizielle Untersuchung. Zudem hätte es auch keine Beschwerden über sexuelle Belästigungen, Übergriffe oder sonstiges Missverhalten gegeben. Die Anschuldigungen, am Seminar herrschten homosexuelle Umtriebe, beunruhigten Connolly, gab er weiter an. Es gebe jedoch "keine konkreten Details" über solche Vorgänge und der Umgang mit anonymen Gerüchten sei sehr schwierig. Connolly erwarte von allen Seminaristen zölibatär zu leben. Es könne in diesem Punkt "keine Kompromisse" geben, dies sei "nicht verhandelbar".
Die Vereinigung katholischer Priester in Irland äußerte in einer Mitteilung vom Dienstag deutliche Kritik an den Debatten um das Seminar. Maynooth stünde im Fokus einer "unfairen und ungerechtfertigten Aufmerksamkeit". Das Seminar sei Zielscheibe einer Agenda von "konservativen" und "rechten Kommentatoren", die in der Ausbildung zu wenig Bezug zu traditioneller Liturgie und eine zu liberale Theologie sehen würden.
Priestersprecher: Eigentliche Probleme bleiben unberücksichtigt
Ein Sprecher der Vereinigung, Brendan Hoban, erklärte am Mittwoch gegenüber RTÉ, dass die Entscheidung des Erzbischofs dem Seminar erheblichen Schaden zufügen könnte. Die anhaltenden Diskussionen würden dem eigentlichen Problem der rückgängigen Berufungen zudem nicht gerecht. "Es ist außerordentlich, dass man sich darauf konzentriert, die Liegestühle an Deck der Titanic zu verrücken, anstatt sich um die wichtigen Probleme zu kümmern", sagte Hoban.
Mit Blick auf die erhobenen Vorwürfe sexuellen Fehlverhaltens erklärte Hoban, an einem Seminar werde es immer hetero- und homosexuelle Kandidaten geben. "Es wird von Zeit zu Zeit Vorfälle geben, von denen manche es vielleicht vorgezogen hätten, dass sie nicht geschehen. Aber so wie die menschliche Natur ist, werden sie geschehen." Im Fall Maynooth sei allerdings bislang nichts bewiesen. Zudem erinnerte Hoban daran, dass das Priesterseminar bereits im Jahr 2011 untersucht worden sei. Im Jahr 2010 hatte Papst Benedikt XVI. nach dem Bekanntwerden zahlreicher Fälle sexuellen Missbrauchs eine Apostolische Visitation der Kirche von Irland beauftragt, im Zuge deren auch das Priesterseminar von Maynooth geprüft wurde. Beauftragter Visitator war der Erzbischof von New York, Kardinal Timothy Dolan.