"Der Papst klingt wie Al Gore"
US-Präsident Barack Obama und die Demokratenführerin im Repräsentantenhaus Nancy Pelosi hätten ihrerseits nichts dagegen, wenn das so wäre. Im Gegenteil. Obama erklärte, die Supermacht habe eine erhebliche Verantwortung gegenüber den nachfolgenden Generationen. Die USA müssten mutig handeln, um den Ausstoß umweltschädlicher Treibhausgase zu reduzieren und die Nutzung sauberer Energien auszuweiten. "Ich denke, die USA könnten hier eine Führungsrolle übernehmen." Pelosi betonte, der Papst schreibe "mit Schönheit, mit Klarheit und mit moralischer Kraft". Beide kündigten an, sich bei den internationalen Klimaverhandlungen zum Jahresende für einen Durchbruch stark zu machen.
In der am Donnerstag veröffentlichten Umweltenzyklika mit dem Titel "Laudato si" spricht sich Papst Franziskus unter anderem dafür aus, Umweltschutz und den Kampf gegen Armut zusammenzudenken. Während in der Zeit vor Franziskus häufig die Demokraten Empfänger kirchlichen Tadels wegen ihrer Haltung zu Abtreibung und "Homo-Ehe" waren, hat sich diese Dynamik nun verändert - besonders durch die Umweltenzyklika, die katholische Republikaner nun auf den "heißen Stuhl" setzt.
Bush fühlt sich nicht an Empfehlungen gebunden
Besonders bekommt das Jeb Bush zu spüren, der vor Jahrzehnten zum Katholizismus übertrat und nun mit seinen klimaskeptischen Positionen in Erklärungsnotstand gerät. Er werde das Dokument lesen, sagte der der Spitzenreiter im republikanischen Kandidatenfeld. Gleichzeitig gab Bush zu verstehen, dass er sich an die Empfehlungen des Papstes nicht gebunden fühle. "Er ist ein sagenhafter Führer, aber ich denke, dass dieses Problem besser politisch gelöst wird."
Als Katholik versuche er natürlich, auf die Meinung des Papstes zu hören, versicherte Bush. Aber in diesem Fall sehe er die Dinge anders. "Ich gehe nicht zur Messe, um mir wirtschaftspolitische oder politische Ratschläge anzuhören". Ähnlich hatte es einmal John F. Kennedy formuliert, der in den 60er Jahren versuchte, so dem verbreiteten Vorwurf zu begegnen, ein verlängerter Arm Roms zu sein.
Gleich fünf der Präsidentschaftsbewerber der Konservativen haben vergleichbare Probleme - zumal Papst Franziskus sie nicht nur beim Thema Umwelt herausfordert, sondern auch, indem er die Bewahrung der Schöpfung mit Kapitalismuskritik verknüpfte. Und diese lässt keinen Platz für einen Handel mit Verschmutzungsrechten, sondern verlangt einen anderen Lebenswandel.
Hinzu kommt, dass sich der Papst in der US-Gesellschaft höchster Beliebtheitswerte erfreut. Unter US-Katholiken haben 86 Prozent ein positives Bild von Franziskus; zwei von drei US-Amerikanern sehen das genauso.
In der Wissenschaft seien die Dinge lange nicht so eindeutig
Rick Santorum, der bei den Präsidentschaftswahlen 2012 noch für mehr Religion im öffentlichen Leben geworben hatte, ist angesichts des Reformklimas in seiner Kirche eher kleinlaut geworden. Das trifft auch auf den Gouverneur von Louisiana, Bobby Jindal, zu. Die Argumentationslinie ist immer gleich: Der Papst möge besser bei dem bleiben, was er verstehe.
In der Wissenschaft seien die Dinge lange nicht so eindeutig, sagt der renommierte US-Theologe und Kolumnist George Weigel. Mit Blick auf den anstehenden Papstbesuch im September räumt er zwar ein, dass dieser auch eine "politische Dimension" haben werde. "Aber er kommt nicht als Wahlkampfberater". Wenn er dies versuche, würde er dem Amt Schaden zufügen, so der Biograf von Papst Johannes Paul II.
Vertreter der katholischen US-Bischofskonferenz äußerten sich unterdessen "sehr zufrieden" mit der Positionierung von Franziskus. Bostons Kardinal Sean O'Malley erklärte, er habe der Enzyklika "mit Freude und Dankbarkeit" entgegengesehen. Und der Bischofskonferenzvorsitzende Erzbischof Joseph Kurtz fragte provozierend: "Welche Erde wollen wir denen hinterlassen, die nach uns kommen?"