Der Tellerdreher
Projekt-Koordinator, Koordinator des MyGoodShops, Visitor-Koordinator und Communication Officer: All diese Stellen fülle ich mittlerweile in der Casa Santa Rosa aus und fühle mich dabei wie der Tellerdreher im Zirkus, der versucht, alle Teller immer weiter zu drehen und keinen runterfallen zu lassen.
Gott sei Dank kommen Mitte Januar fünf neue Freiwillige zu uns ins Kinderdorf: Isabella aus Deutschland, die sich um Patenschaften der Kinder kümmern wird und Anne aus den USA, die als Communication Officer Kontakt zu Förderern hält. Jasmin aus Frankreich, wird die Projekt-Koordination und den MyGoodShop übernehmen. Außerdem kommen Nadine, eine Sprach-Therapeutin aus Deutschland und Lotte, Ergo-Therapeutin aus Österreich. Ich hoffe, dass es dann auch im Voluntario-Haus wieder spürbar lebhafter wird.
Helfen vor Ort
Was meine Arbeitsentlastung angeht, mache ich mir nichts vor: Die fünf Damen müssen erst einmal eingearbeitet und an die Hand genommen werden. Die Jüngste ist gerade 22 Jahre alt und erstmals weit von zu Hause weg. Zum Glück steht mir die ehemalige Volunteer-Koordinatorin Claudia, die wegen ihrer schlimmen Augenerkrankung ausgefallen ist, von der Schweiz aus mit Rat und Tat zur Seite.
Im Moment bereite ich vor allem den Besuch von sechs Projektgruppen vor, die ab Mitte Januar mit etwa zwanzig Teilnehmern für jeweils zwei Wochen zu uns ins Kinderdorf kommen werden. Es handelt sich dabei um Kanadier, die etwas Gutes tun wollen. Sie investieren ihr Geld direkt in konkrete Projekte des Kinderdorfes und helfen bei diesen aktiv mit.
Meine Aufgabe ist es, von der Anreise bis zur Abreise alles zu planen, zu organisieren und mich mit allen Beteiligten abzustimmen. Das fängt bei Transport, Unterbringung und Versorgung der Gruppen an. Daneben plane ich die Projekte und natürlich die gemeinsamen Freizeitaktivitäten mit den Kindern der Casa Santa Rosa. Die Helfer aus Kanada werden Wandbilder in unserem Babyhaus malen, zum Beispiel die Arche Noah. Außerdem werden sie Gebäude neu streichen, eine Solar-Flutlichtanlage für unseren Sportplatz installieren und Rucksäcke mit Fotos der Kinder nähen. Und das sind nur wenige der etwa 25 Projekte.
Joggen gegen den Stress
Das alles vorzubereiten kostet viel Zeit und Kraft und lässt mich abends müde ins Bett fallen. Zum Glück habe ich es geschafft, vor ungefähr vier Wochen meinen inneren Schweinehund zu überwinden und laufe seitdem jeden zweiten Morgen in der Frühe meine 25 Runden um den Fußballplatz - was mir merklich gut tut und mich abschalten lässt. Auch meine täglichen Glücksmomente mit den Kindern helfen mir, den Stress auszuhalten. Noch gestern Abend haben wir bei angenehmen Außentemperaturen mit allen Mädchen und Teenagern am langen Tisch zu Abend gegessen. Anlass war der Abschied von unserem Hausdirektor zum Ende des Jahres.
Kontakt zu Walter Brüggemann
Haben Sie Fragen oder Anmerkungen? Wenn Sie Walter Brüggemann schreiben möchten, erreichen Sie ihn unter brueggemann.walter@icloud.comAls früherer Investmentmanager bin ich Stress gewohnt. Allerdings arbeitet man in Peru anders als in Deutschland. So muss ich mich damit arrangieren, dass es hier statt einer Bringschuld eher eine "Holschuld" gibt. Das bedeutet, dass ich bei vielen delegierten Aufgaben doch ständig selber nachfassen muss, damit wir gemeinsam unsere Ziele erreichen. Hinzu kommen die Sprachbarrieren - auch wenn ich inzwischen besser verstehen und kommunizieren kann. Schon deshalb halte ich trotz der vielen Arbeit meine Selbstdisziplin aufrecht und lerne jeden Abend spanisch.
Wegen der Aufgaben, die hier vor Ort noch auf mich warten, habe ich mich entschieden, meinen Weihnachtsurlaub auf eine Woche zu verkürzen. Das bedeutet auch, dass ich nicht wie geplant nach Deutschland reisen kann. Es macht mich etwas traurig, denn ich werde meine Söhne und meine Geschwister und deren Familien an den Weihnachtstagen vermissen. Andererseits wird es für mich auch interessant sein, mit den Kindern und meinen Freunden hier in Peru die Weihnachtstage bei hochsommerlichen Temperaturen zu erleben. Über Neujahr werde ich in ein anderes lateinamerikanisches Land reisen, um dort Kraft zu tanken.
Von Walter Brüggemann