Die Katholiken und die Reformation
Bevor sich die Frage nach dem Mitfeiern stelle, müsse die evangelische Seite sagen, was sie eigentlich genau feiern wolle und wie sie dies tun wolle. Eine ausführliche Antwort auf die "Was"-Frage hatte der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mit der Schrift "Rechtfertigung und Freiheit" gegeben. Ein Text, in dem - wie der baptistische Theologe Uwe Swarat in Regensburg als Moderator anmerkte - die "Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre" von 1999 keine Rolle spielt.
Die Reformationsbotschafterin des Rates der EKD, Margot Käßmann, bei Katholikentagen wie bei Evangelischen Kirchentagen Publikumsliebling, meinte dazu etwas schmallippig, der Text sei vom Ansatz her "nach innen gerichtet" um zu erklären, wie sich die Protestanten selbst verstünden. Sie sei nicht in einem "ökumenischen Horizont" verfasst worden.
Großes Fest in Berlin geplant
Zu den Vorbereitungen für 2017 sagte Käßmann, geplant sei ein "großes Fest" mit Kirchentag in Berlin und einem anschließenden "Sommer der Reformation" mit vielen Symposien. Sie wünsche sich eine Feier mit internationaler Weite und ökumenischem Akzent. Sie schlug vor, Katholiken und Protestanten könnten sich auf verschiedenen Pilgerwegen gemeinsam auf den Weg machen. Außerdem nannte Käßmann als Ziel, "dass nach 2017 alle wissen, dass am 31. Oktober Reformationstag ist und nicht Halloween". Feige ergänzte, er würde hinzufügen: "Und der Vorabend von Allerheiligen." Das ist ein katholisches Fest.
Der emeritierte lutherische Bischof von Helsinki, Eero Huovinen, rief die Kirchen dazu auf, "von den Konflikten wegzukommen". Das sei das zentrale Anliegen des im Vorjahr von der internationalen katholisch-lutherischen Dialogkommission vorgelegten Dokuments "Vom Konflikt zur Gemeinschaft. Gemeinsames lutherisch-katholisches Reformationsgedenken im Jahr 2017". Gemeinschaft sei das Schlüsselwort der Ökumene, betonte Huovinen, der lutherischer Co-Vorsitzender der Dialogkommission ist.
"Die Einheit liegt hinter uns, und die liegt vor uns"
Der Paderborner Theologe Wolfgang Thönissen hob hervor, dass das Zweite Vatikanische Konzil (1962-65) auf katholischer Seite den Weg frei gemacht habe, die Gemeinsamkeiten zu sehen. So könne heute Martin Luther von Katholiken als "gemeinsamer theologischer Lehrer, der uns hinführt zu Christus", gesehen werden, so der Direktor des Johann-Adam-Möhler-Instituts für Ökumenik. Auch im Blick auf das zwischen den Konfessionen umstrittene Kirchen- und Amtsverständnis sagten etwa Luther und das Konzil von Trient "Vieles gemeinsam, aber anders", so Thönissen. An die Protestanten appellierte er, den "Bischof von Rom" als Diener der Einheit der Christen anzuerkennen - ein solcher "Zeugendienst" sei etwas anderes als die hierarchische Stellung des Papstes in seiner eigenen Kirche.
Der evangelische Kieler Kirchenhistoriker Johannes Schilling meinte, heute müsse man sich nicht mehr an den Differenzen des 16. Jahrhunderts und nicht am "missglückten" Jubiläum vor 100 Jahren mit seiner nationalistischen und antikatholischen Ausrichtung abarbeiten. "Die Einheit liegt hinter uns, und sie liegt vor uns", sagte er. Auf die Frage, ob die Katholiken denn nun 2017 mitfeiern könnten, gab er eine verblüffend einfache Maxime aus: "Wenn das Fest gut ist, dann müssen die Katholiken mitfeiern wollen. Und die Nichtchristen müssen verstehen, warum sie an diesem Tag arbeitsfrei haben."