"Die Kirche hat schon viele Reiche überlebt"
Wenn Hermann Rieke-Benninghaus von seinem Großonkel redet, gerät er ins Schwärmen. Pater August Benninghaus sei eine beeindruckende Persönlichkeit gewesen, sagt der sonst eher nüchtern klingende Mann begeistert. Der hochgewachsene Jesuit aus dem Osnabrücker Land sei ein charismatischer Exerzitienmeister gewesen. Er hatte das Talent, den Menschen anschaulich und mit großem Feuer von Gott erzählen zu können.
Mitbringsel aus Indien: Sofakissen und Straußenei
In der Familie Benninghaus, die aus Druchhorn bei Ankum, etwa 35 Kilometer nördlich von Osnabrück stammt, gibt es auch heute noch Erinnerungen an Pater Benninghaus. So etwa ein Sofakissen und ein großes Straußenei, die Benninghaus beide aus seiner Zeit in Indien in die mitbrachte. Aber es gibt auch die anderen, traurigen Erinnerungen: Briefe aus dem Konzentrationslager Dachau, der letzten Etappe seines bewegten Lebens. Dort starb er vor 75 Jahren, am 20. Juli 1942.
Benninghaus wurde 1880 als sechstes von acht Kindern in eine bäuerliche Familie hineingeboren. Er kannte den Lebensrhythmus, der sich am Kreislauf der Natur orientierte. Seine Aufgabe auf dem Hof der Eltern war das Kühehüten, die er mehr schlecht als recht ausübte. Benninghaus hatte einen anderen Plan für sein Leben: Er wollte sich ganz Gott widmen. Anders als sein Bruder Theodor wurde er jedoch kein Diözesanpriester des Bistums Osnabrück, sondern trat mit 20 Jahren in das Noviziat der Jesuiten in den Niederlanden ein. Seine ersten Jahre im Orden und als Priester fanden mehrheitlich im Ausland statt, denn im Kaiserreich war der Jesuitenorden verboten. Nach vier Jahren als Missionar und Lehrer an einer Jesuitenschule in Bombay, empfing er 1913 die Priesterweihe. Während des Ersten Weltkriegs diente er als Militärgeistlicher an der mazedonischen Front.
Seine eigentliche Berufung fand Benninghaus in den folgenden Jahren: Nach einem Einsatz in der Jugendpastoral und in der Krankenhausseelsorge wurde er 1924 Exerzitienmeister im Rheinland und in Westfalen. Die Kurse von Benninghaus galten als anstrengend, aber auch sehr gewinnbringend. Seine Mitbrüder schätzten ihn wegen seiner überzeugten und gleichzeitig überzeugenden Frömmigkeit, die von den Idealen des Jesuitenordens inspiriert war. "Echt sein, wahr sein, ganz sein!" In diesen Worten von Benninghaus zeigt sich sein Bemühen um ein Leben aus dem Glauben.
Benninghaus: "Die Kirche hat schon viele Reiche überlebt"
Diesem Anspruch blieb er auch in der dunklen Zeit der Nazi-Herrschaft treu. Bereits 1934 war Benninghaus ein entschiedener Gegner der menschenverachtenden Ideologie. "Die Kirche hat schon viele Reiche überlebt", war seine Einstellung. Mehrmals musste er sich vor Parteistellen und Gerichten für seine offenen Aussagen verantworten, doch er kam immer aus Mangel an Beweisen davon – bis 1941. Vor Rekruten, die er als Seelsorger betreute, soll Benninghaus "staatsfeindliche Äußerungen" von sich gegeben haben. Er kam in die Gewalt der Gestapo und wurde ohne Gerichtsurteil in das KZ Sachsenhausen eingeliefert, angeblich "zur Sicherheit seines Lebens". Doch bereits in den ersten Tagen in Sachsenhausen fügten die Wachen ihm schwere Verletzungen zu, von denen er sich nicht ganz erholte.
Im März 1942 wurde Benninghaus ins KZ Dachau verlegt und erhielt dort die Häftlingsnummer 29373. Der 60-jährige Jesuit kam aufgrund seines schlechten Gesundheitszustands in die Baracke 24, eine Sonderbaracke des Priesterblocks. Die Gefangenen dort befanden sich hinter einem zusätzlichen Stacheldrahtzaun und hatten keinen Kontakt zu anderen Insassen. Benninghaus starb mit 61 Jahren im Lazarett des Konzentrationslagers an den Folgen von Gewalt und Hunger der 13-monatigen Haft.
Doch trotz seines beeindruckenden Lebens für Gott und seinem Tod als Märtyrer will sein Großneffe Hermann nichts von einem Seligsprechungsverfahren wissen: "Das ist nicht so wichtig." Bedeutsamer sei es hingegen, das Bewusstsein wachzuhalten, dass es Menschen wie Benninghaus gegeben habe, die sich den Nazis entgegengestellten, bekräftigt Rieke-Benninghaus. Daher hat er vor zwölf Jahren mit einigen Verwandten den "Freundeskreis P. August Benninghaus SJ" gegründet. Besonders Jugendliche sollen durch den lockeren Zusammenschluss vom Leben des mutigen Jesuiten erfahren.
Erstmals wird August-Benninghaus-Preis vergeben
Auch in der Heimatgemeinde von Benninghaus ist die Erinnerung an den Jesuitenpater sehr lebendig. Es freut den Ankumer Pfarrer Ansgar Stolte, dass es noch einige ältere Gemeindemitglieder gibt, die sich an den Pater erinnern können. Auch gebe es in der Pfarrkirche einen Gedenkort an Benninghaus und im Ort eine Straße mit seinem Namen, so Stolte. Vor einigen Jahren war die örtliche Schule, die Benninghaus in seiner Kindheit besucht hatte, nach ihm benannt worden. In der Oberschule setzen sich die Schüler jedes Jahr in Exkursionen und Projekten mit dem Leben des Jesuitenpaters auseinandersetzen.
Doch der Freundeskreis will nicht allein in Erinnerungen schwelgen, sondern sich im Sinn von Benninghaus für andere einsetzten. "Es hat wenig Sinn, überall Bronzeplatten anzuschrauben, die an Pater Benninghaus erinnern", kommentiert Rieke-Benninghaus das Engagement. Der Freundeskreis unterstützt verschiedene Projekte in Afrika, etwa ein katholisches Zentrum zur Aus- und Weiterbildung in Südafrika. Ein neuer Schritt ist der in diesem Jahr erstmals vergebene August-Benninghaus-Preis. Er soll in Zukunft jährlich an Personen gehen, "die sich durch Forschung und Veröffentlichung zu Glaubenszeugen oder durch caritative Tätigkeiten im Sinn von Pater Benninghaus ausgezeichnet haben".