Die Kraft Gottes
Ohne elektrische Energie geht kaum noch etwas in unserer Welt. Das merken wir vor allem, wenn einmal der Strom abgeschaltet wird. Dann sehen wir, wie abhängig wir davon sind. Kein Geschäft, kein Arzt, kein Amt kommt heute ohne einen Computer aus. Viele Prozesse im medizinischen, wirtschaftlichen und technischen Bereich werden elektronisch gesteuert.
All das ist eine Erleichterung, die wir nicht mehr missen möchten. Wenn wir keinen direkten Zugang zum Strom haben, helfen uns Batterien oder wieder aufladbare Akkus. Energie ist ein kostbarer Schatz, mit dem wir sorgsam umgehen müssen.
Wer ist der Heilige Geist? Wie kann man sich ihn vorstellen? Jedem Seelsorger, jedem Katecheten wird diese Frage sicher einmal gestellt werden. Ich möchte ihn als die Energie, die Kraft Gottes bezeichnen. Ohne ihn geht im Leben eines Christen gar nichts. Damit wir das nicht vergessen, feiern wir Pfingsten - das Fest des Heiligen Geistes.
Dieses Fest hat ein "Vorspiel" - die Pfingstnovene, das neuntägige Gebet um den Heiligen Geist, das uns erinnert an das Gebet der Apostel mit Maria im Abendmahlssaal und ihre Erwartung der Kraft aus der Höhe. Es ist sehr schön, dass das Bischöfliche Hilfswerk Renovabis die Pfingstnovene wiederbelebt hat und jedes Jahr dafür Anregungen herausgibt.
Nach diesen vorbereitenden Tagen dürfen wir dann - zumindest im deutschsprachigen Raum - zwei Tage lang Pfingsten feiern. Das ist ein großes Geschenk, denn dadurch wird die Bedeutung des Heiligen Geistes einmal im Jahr unterstrichen und bewusst gefeiert. Gottes Geist schwebt am Beginn über der Urflut (Gen 1,2) - er ist der "Schöpfer Geist", wie wir ihn in einem Lied besingen.
Die Apostel stehen wie "unter Strom"
Die Propheten des Alten Bundes sprechen kraftvoll im Heiligen Geist und können mit seiner Kraft sogar Tote zum Leben erwecken, wie es das Buch Ezechiel (37, 1-14) anschaulich beschreibt – der Heilige Geist als Lebensspender. Der Geist bezeugt Jesus bei seiner Taufe als den geliebten Sohn des Vaters, auf den wir alle hören sollen. Ohne seinen Hinweis können wir Gott nicht erkennen. Er ist der "Finger Gottes, der uns führt" (GL 351).
Am Pfingsttag selbst steht dann vor unseren Augen das Ereignis aus der Apostelgeschichte, bei dem eindrucksvoll sichtbar wird, wie Gottes Energie Menschen bewegt und zu Zeugen des Evangeliums macht. Aus verängstigten und schweigenden Jüngern werden mutige und sprechende Boten des Auferstandenen. Die Apostel stehen plötzlich wie "unter Strom" - sie wirken wie betrunken, man erkennt sie nicht wieder (Apg 215f.).
Wenn der Heilige Geist von einem Menschen Besitz ergreift, wird dieser von ihm bestimmt und befähigt - das ist bis heute so geblieben. Wir dürfen diese Wirklichkeit im Sakrament der Firmung feiern. Es ist das Sakrament, in dem wir auf besondere Weise mit Gottes Kraft und seiner Energie in Berührung kommen und zu geisterfüllten Menschen werden. Es ist darum ein wenig schade, dass das Wort "Geistlicher" in unserem katholischen Sprachgebrauch meist nur auf Priester bezogen wird. Alle Gefirmten sind recht verstanden "Geistliche" - sie sind Menschen, durch die Gottes Geist wirken möchte.
Die kraftvolle Energie Gottes, ohne die man nicht Christ sein kann, sehe ich heute vielfach in der Kirche am Werk. Wenn gläubige Menschen ein "geistliches Leben" führen – das heißt im täglichen Gebet und in der Feier des Gottesdienstes treu bleiben -, ist das eine Wirkung des Heiligen Geistes. Auch die neueren geistlichen Bewegungen und Gemeinschaften zeigen etwas von der verschiedenartigen Lebendigkeit und den Charismen, die die Kirche aufbauen.
Wenn ein junger Mensch dem Ruf zum Priestertum, zum Ordensleben oder in einen anderen Dienst der Kirche folgt, folgt er den Anregungen des Geistes Gottes, die wir mit Recht als "Berufung" bezeichnen. Aber auch die bewusste Entscheidung zum Leben in einer sakramentalen Ehe ist geistgewirkt - denn hier wissen zwei Menschen, dass nicht alles von ihrer Planung, ihren Träumen und derzeitigen Gefühlen abhängt, sondern dass es der Kraft Gottes bedarf, damit Ehe gelingen kann und eine Familie wirklich "ecclesiola" - Kirche im Kleinen, Hauskirche - wird. "Wir glauben an den Heiligen Geist, der Herr ist und lebendig macht", so bekennen wir im Glaubensbekenntnis. An Pfingsten sollten wir aufrichtig darum bitten, dass dieser Geist der Herr unseres eigenen Lebens werde - und zwar hier und heute - und jeden von uns ein wenig lebendiger im Glauben mache. Dann könnte es ein kraftvolles Pfingsten 2014 werden.