Der ermordete US-Priester kämpfte gegen die Todesstrafe

"Egal wie widerwärtig das Verbrechen"

Veröffentlicht am 03.12.2016 um 14:00 Uhr – Lesedauer: 
USA

Augusta/Gorgia  ‐ Der katholische Priester Rene Robert setzte sich gegen die Todesstrafe ein - und wurde vermutlich von einem Mann, den er betreute, ermordet. Der Seelsorger schien eine Vorahnung gehabt zu haben.

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Das Verbrechen an dem Gefängnisseelsorger schockte die Nation. Tagelang suchten die Behörden in Florida, Georgia und South Carolina vergangenes Frühjahr nach dem verschwundenen Priester. Im April führte der 28-jährige Steven James Murray die Ermittler dann zu einem Waldstück unweit des Golf-Mekkas Augusta (US-Bundesstaat Georgia), in dem er den Leichnam des 71-jährigen Father Rene Robert abgeladen hatte. Murray steht in dringendem Verdacht, das Verbrechen verübt zu haben.

Die Staatsanwaltschaft hält dem mehrfach vorbestraften Mann vor, den Seelsorger entführt zu haben. Ein gemeinsamer Bekannter, der wie Murray wegen Drogen im Gefängnis gesessen hatte, riet dem Priester dringend davon ab, sich auf Murray einzulassen. Father Rene ignorierte den Rat und tat, worin er seine Berufung sah. Warum Murray sich entschieden haben soll, den Priester zu entführen, bleibt genauso mysteriös wie seine Entscheidung, ihn in den Kofferraum zu sperren, während er mehrere Raubüberfälle verübte. Die Autopsie ergab, dass der Täter mehrfach auf den wehrlosen Murray schoss, bevor er ihn in dem Waldstück zurückließ.

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In Deutschland ist die Todesstrafe längst abgeschafft. In anderen Ländern allerdings wurde 2015 gehenkt wie lange nicht mehr. Die meisten Hinrichtungen gehen auf das Konto von vier Staaten: Iran, Pakistan, Saudi-Arabien - und China. (Artikel von Mai 2016)

Für die Staatsanwältin von Augusta-Richmond County, Ashley Wright, ist der Fall klar und die Beweislage erdrückend. Bei der Tat handele es sich um ein so außergewöhnlich brutales Verbrechen, dass es die Höchststrafe erfordere. Wright findet sich in der schwierigen Situation wieder, die Todesstrafe gegen den ausdrücklichen Willen des Opfers durchsetzen zu müssen. Der Seelsorger hat sich als entschiedener Gegner der Todesstrafe einen Namen gemacht. Und nicht nur das. Sein Freund und Kollege in der Diözese St. Augustin, Pfarrer John Gillespie, veröffentlichte im Lokalsender WJXT Auszüge aus einer notariell beurkundeten Willenserklärung aus dem Jahr 1995, in der Father Rene ein Vorahnung zu haben schien.

Der Druck nimmt kontinuierlich zu

In der mit den Worten "Declaration of Life" überschriebenen Erklärung heißt es, "wenn ich bei einem Gewaltverbrechen getötet werde, bitte ich darum, dass die Personen, die schuldig an dem Mord befunden werden, unter keinen Umständen, egal wie widerwärtig das Verbrechen auch war, und wie sehr ich litt, nicht zum Tode verurteilt werden." Das Schreiben trägt die datierte Unterschrift von Father Rene. Rechtlich hat eine solche Erklärung wenig Relevanz, da der Gesetzgeber die Staatsanwaltschaft bewusst vor jeder Beeinflussung von außen schützt. Staatsanwältin Wright erklärte, sie werde sich nicht unter Druck setzen lassen. Doch dieser Druck nimmt kontinuierlich zu.

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Selbst Verantwortliche für Verbrechen gegen die Menschlichkeit hätten Anspruch auf Wiedereingliederung, sagte Franziskus. Strafe um ihrer selbst willen, die keine Chance auf Hoffnung biete, sei "Folter". (Artikel von Juni 2016)

Bereits sehr früh in den Ermittlungen gegen Murray meldete sich der Bischof des Bistums St. Augustine (US-Bundesstaat Florida), Felipe Estevez, zu Wort. In einem Leserbrief an die lokale Zeitung appellierte der Bischof an die Strafverfolgungsbehörden von Georgia, keine Anklage zu erheben, die auf Todesstrafe hinausläuft. Vergangenen Mittwoch lud die Diözese St. Augustin zu einem Gebetstag ein, an dem die Kirche ihre Opposition gegen die Todesstrafe bekräftigte. Die historische Stadt St. Augustine im Norden Floridas beteiligte sich darüber hinaus an dem "Cities for Light"-Projekt, einer internationalen Bewegung, die Lichterandachten in mehr als 2.000 Städten abhielt, um das Bewusstsein für das Thema zu schärfen.

Schließlich wäre da noch der sehr öffentliche Widerspruch der Schwester des Opfers. Deborah Bedard hatte sich ursprünglich für die Höchststrafe eingesetzt, dann aber radikal ihre Meinung geändert, nachdem sie die Zeilen ihres Bruders gelesen hatte. "Wir sind nicht so erzogen worden, Menschen zu hassen", betonte sie mit Blick auf ihre eigene Kindheit. "Und ich hasse selbst Steven (Murray) nicht", sagte sie der Tageszeitung "Florida Times-Union". Sie fügte hinzu: "Ich bin sehr, sehr, sehr wütend, aber das lässt nach."

Staatsanwältin Wright reagierte auf den wachsenden Druck in einem Interview. "Mein Amtseid verbietet mir, meine Entscheidung darauf zu gründen, was eine bestimmte Gemeinde fordert oder zurückweist", so Wright. Nicht verhindern kann die Staatsanwältin indessen, dass der ermordete Priester nun zu einer Symbolfigur im Kampf gegen die Todesstrafe wird.

Von Thomas Spang (KNA)