Ein Bibelsammler will ins Weiße Haus
Also verschenkt der Presbyterianer sie an Bibliotheken und Fremde oder hebt hochwertige Ausgaben "an einem schönen Ort" auf. Einen Blick hinein wirft er offenbar jedoch nur selten. So geriet er jüngst während einer Rede vor Studenten der größten christlichen Universität des Landes, der Liberty University in Virginia, beim Zitieren eines Bibelverses ins Schleudern. Bei anderer Gelegenheit verwechselte er in einer Kirche die Kommunionschale mit einem Spendenteller.
Führende konservative US-Katholiken gingen zuletzt auf Distanz. Im Magazin "National Review" schreiben die Wortführer der katholischen Konservativen, George Weigel und Robert George, Trump sei "offenkundig nicht für das Präsidentenamt geeignet". Er appelliere an rassistische Ängste und Vorurteile, die einem katholischen Empfinden zuwider liefen.
Trotz Papstkritik Stimmen von Katholiken
Doch einen großen Teil der christlichen Wählerschaft stört dies nicht weiter. Bei den Katholiken holte er trotz seiner Kritik an Papst Franziskus und dessen Mexikoreise die Mehrheit der Stimmen bei den Vorwahlen im liberalen Neuenglandstaat Massachusetts.
Unter den Evangelikalen stimmten im Schnitt aller republikanischen Vorwahlen rund ein Drittel der Wähler für Trump. Nach wie vor führt er das Bewerberfeld vor seinem Konkurrenten Ted Cruz an, der als erzkonservativer Sohn eines Erweckungspredigers eigentlich viel mehr Stallgeruch der christlichen Rechten verströmt.
Die Gründe, weshalb Gläubige jemanden wählen, der zum dritten Mal verheiratet ist, mit Abschiebe-, Mauerbauplänen sowie einem Einreisestopp für Muslime wirbt und behauptet, es gebe nichts in seinem Leben, für das er Gott um Vergebung bitten müsste, sind vielfältig.
Der Kolumnist Charles Krauthammer vergleicht Trump mit einem römischen Feldherrn, der verspricht, das Christentum zu verteidigen. "Die Evangelikalen suchen nicht nach jemandem, der so ist, wie sie. Sie suchen jemanden, der sie beschützt." Und genau das sagt Trump bei jeder Gelegenheit: "Wir werden das Christentum beschützen".
Wer sind eigentlich diese "Evangelikalen"?
Eine andere Erklärung hat mit der Zusammensetzung von Trumps Wählerschaft zu tun. "Evangelikal" ist nach Beobachtung des Vorsitzenden des Ethikrats der "Southern Baptists", Russell Moore, ein unscharfer Begriff geworden: "Die Leute nennen sich evangelikal, solange sie keine Katholiken sind, selbst wenn sie die Kirche das letzte Mal während einer Bibelfreizeit in der Schule von innen gesehen haben."
Hinzu kommen einige prominente Fernsehprediger und Führer der christlichen Rechten, die Trump unterstützen. Einer von ihnen, der Präsident der Liberty-Universität, Jerry Falwell Junior, bekommt nun Druck aus eigenen Reihen. Seine Unterstützung für Trump schade dem Ansehen der Hochschule, klagt Liberty-Aufsichtsratsmitglied Mark DeMoss.
Innerhalb der katholischen Kirche erwies sich der Papst bisher als schärfste Kritiker des Milliardärs. Auf dem Rückflug von Mexiko nach Rom sagte er im Februar auf die Frage eines Reporters, der wissen wollte, ob ein US-Katholik guten Gewissens für Trump stimmen könne: "Jemand, der nur daran denkt, Mauern zu bauen, ganz egal, wo das ist, und keine Brücken zu bauen, ist nicht christlich. Das entspricht nicht dem Evangelium."
Der Gescholtene feuerte verbal zurück und bekam dafür von Katholiken aufseiten der Republikaner Rückendeckung. Die US-Bischofskonferenz hält sich bislang zurück. Der Kandidat lässt sich unterdessen von niemandem irritieren und hält an seinem Konzept fest: "Ich liebe die Evangelikalen und die Evangelikalen lieben mich", verkündete er zuletzt. Die Ergebnisse bei den Vorwahlen geben ihm zumindest teilweise recht. Mit Wahlsiegen in Michigan und Mississippi baute er seine Führung an der Spitze des republikanischen Bewerberfeldes weiter aus.