Hildesheim ist Gastgeber der Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz

Ein heiliges Experiment

Veröffentlicht am 20.02.2015 um 00:00 Uhr – Von Steffen Zimmermann – Lesedauer: 
Vollversammlung

Hildesheim ‐ Wenn die katholischen Bischöfe am Montag zu ihrer Frühjahrs-Vollversammlung in Hildesheim zusammenkommen, treffen sie sich in einer Stadt, in der das Christentum eine jahrhundertealte Tradition hat.

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Damals soll Kaiser Ludwig der Fromme zwischen den Blüten einer wilden Heckenrose ein kostbares Reliquiar vergessen haben, das er dort zur Feier einer Messe hatte aufhängen lassen. Als er schließlich zurückkehrte, um das Reliquiar zu holen, ließ es sich nicht mehr von dem Rosenstock entfernen. Ludwig sah darin ein göttliches Zeichen und ließ zu Ehren der Gottesmutter Maria an jener Stelle eine Kapelle bauen. Die Legende gilt als Beginn der Geschichte des Bistums - und der inzwischen "Tausendjährige Rosenstock", der bis heute hinter dem Chor des Hildesheimer Doms wächst, als wichtigstes Wahrzeichen der Diözese.

Nach einer wechselvollen Geschichte ist das Bistum Hildesheim heute mit rund 30.000 Quadratkilometern nach den Erzbistümern Hamburg und Berlin die drittgrößte Diözese in Deutschland. Geografisch erstreckt sie sich von der Nordsee bei Cuxhaven über die Lüneburger Heide und den Harz bis an die Grenze zu Hessen und umfasst unter anderem Teile Bremens und die Metropolregion Hannover-Braunschweig-Göttingen-Wolfsburg.

Großes Bistum, wenig Katholiken

Im deutlichen Gegensatz zur geografischen Größe stehen die Kennzahlen des kirchlichen Lebens in dem von Bischof Norbert Trelle geleiteten Bistum. Mit rund 613.000 Katholiken liegt Hildesheim nur auf Platz 16 aller 27 deutschen Diözesen und zählt mit einem Katholikenanteil von rund zwölf Prozent zur katholischen Diaspora. Nur das im Süden des Bistums gelegene Dekanat Untereichsfeld hat eine katholische Bevölkerungsmehrheit.

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Video: © katholisch.de

Für die katholisch.de-Serie "Freundebuch" hat uns Norbert Trelle einen Einblick in sein Leben gewährt.

Geistlicher Mittelpunkt des Bistums ist der Hildesheimer Mariendom, dessen Ursprünge - nach der Zerstörung eines Vorgängerbaus an gleicher Stelle - auf das Jahr 1061 zurückgehen und in dem die Bischöfe während ihrer Vollversammlung täglich Gottesdienst feiern werden. Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Kathedrale immer wieder erweitert und umgestaltet, wesentliche Elemente blieben jedoch dauerhaft erhalten. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Gotteshaus am 22. März 1945 bei Bombenangriffen bis auf die Grundmauern zerstört; der Wiederaufbau dauerte bis 1965. Zuletzt wurde der Dom von 2008 bis 2014 umfassend saniert und erstrahlt heute - pünktlich zum 1.200-jährigen Bistumsjubiläum, das in diesem Jahr unter dem Leitwort "Ein heiliges Experiment" gefeiert wird - im neuen, alten Glanz.

Aus der Innenausstattung des Doms ragen die Bernwardstür und die Christussäule hervor. Beide Bronzegüsse stammen aus der Zeit des heiligen Bernward (993-1022), einem der bedeutendsten Bischöfe in der Geschichte der Diözese. Die imposante Bernwardstür im Westportal des Doms gilt als eines der Hauptwerke der ottonischen Kunst. Ihr reicher biblischer Figurenschmuck zeigt 16 Szenen aus dem Alten und Neuen Testament. Die Christussäule wiederum stellt auf fast fünf Metern 28 bedeutende Ereignisse aus dem Leben Jesu dar - von der Taufe im Jordan bis zum Einzug in Jerusalem.

Doppeltes Weltkulturerbe

Seit 1985 ist der Dom Weltkulturerbe der Unesco - gemeinsam mit der nur rund 500 Meter entfernten Michaeliskirche, dem anderen bekannten Wahrzeichen Hildesheims. Die vorromanische Kirche wurde zwischen 1010 und 1022 von Bischof Bernward erbaut. War die Michaeliskirche zunächst Abteikirche eines Benediktinerklosters, wurde sie im Zuge der Reformation zur evangelisch-lutherischen Pfarrkirche - nur die Krypta mit Bernwards Grab ist bis heute katholisch. Seit 2014 ist das mit einem prachtvollen Deckenbild ausgestattete Gotteshaus auf der niedersächsischen 2-Euro-Münze abgebildet.

Eine weitere besondere Kirche ist St. Andreas. Die evangelische Bürgerkirche aus dem 14. Jahrhundert weist mit 114,5 Metern den höchsten Kirchturm Niedersachsens auf. Von der Aussichtsplattform in 75 Metern bietet sich ein imposanter Blick auf ganz Hildesheim.

Die Michaeliskirche ist seit 1985 gemeinsam mit dem Hildesheimer Dom Weltkulturerbe der Unesco.
Bild: ©Brasto/Fotolia.com

Die Michaeliskirche ist seit 1985 gemeinsam mit dem Hildesheimer Dom Weltkulturerbe der Unesco.

Neben ihren berühmten Kirchen hat die 100.000-Einwohner-Stadt zwischen Hannover und Göttingen noch einiges mehr zu bieten. Kulturell ragt vor allem das Roemer- und Pelizaeus-Museum heraus, dessen bedeutende altägyptische Sammlung weltbekannt ist. Daneben gibt es das ganze Jahr über Konzerte, Ausstellungen und Theateraufführungen des "Theaters für Niedersachsen" und einer lebendigen freien Theaterszene.

Die "gesündeste Stadt Deutschlands"

Einen Besuch wert ist außerdem der Magdalenengarten - ein barocker Park in unmittelbarer Nähe der Michaeliskirche, der auf einen Klostergarten aus dem 13. Jahrhundert zurückgeht. Überhaupt: Die Stadt hat so viele Gärten, Parks und Gewässer, dass es nicht verwundert, dass die Programmzeitschrift "Hörzu" Hildesheim vor einigen Jahren zur "gesündesten Stadt Deutschlands" kürte.

Nicht ganz so gesund ist die Situation der Kirche im Bistum. Jenseits des strahlenden Doms ist das kirchliche Leben in der Diözese geprägt von einem stetigen Rückgang der Zahl praktizierender Katholiken (beim Gottesdienstbesuch rangiert das Bistum Hildesheim mit 8,5 Prozent auf dem vorletzten Platz aller Diözesen), Priestermangel und ökonomischen Zwängen - Probleme, mit denen so oder ähnlich jedoch alle deutschen Bistümer konfrontiert sind. Die Bischöfe und Weihbischöfe haben bei ihren viertägigen Beratungen in Hildesheim also auf jeden Fall genug Gesprächsstoff.

Von Steffen Zimmermann