"Eine katholische Universität ist unabdingbar"
Frage: Frau Gien, als Interims-Präsidentin der KU Eichstätt-Ingolstadt konnten Sie in den vergangenen Jahren bereits neue Höchstwerte bei Studierendenzahlen, Neuberufungen und Drittmitteln vermelden. Welche Schwerpunkte haben Sie sich für Ihre nun fünf Jahre dauernde reguläre Amtszeit gesetzt?
Gien: Ich habe Ziele in unterschiedlichen Bereichen skizziert, die schwerpunktmäßig eine Rolle spielen sollen. Zunächst möchte ich der Identitätsfrage nachgehen und zusehen, wie wir nach innen und außen das Merkmal "katholische Universität" noch sichtbarer machen können. Damit zusammen hängt mein zweiter Schwerpunkt, Dialogformate, die Politik, Gesellschaft und Kirche zusammenbringen, zu etablieren. Weitere wichtige Vorhaben liegen darüber hinaus im Bereich der Forschung.
Frage: Das heißt konkret?
Gien: Wir streben die Mitgliedschaft in der Deutschen Forschungsgemeinschaft an und wollen reagierend auf die gesellschaftlichen Herausforderungen neue fachliche und interdisziplinäre Profilfelder entwickeln. Miteinbezogen sind ebenso neue Formate der Nachwuchsförderung. Hinsichtlich der Internationalisierung unserer Universität sind wir strategisch daran, ein umfassendes Netzwerk mit katholischen Universitäten in den USA aufzubauen und gemeinsame Studiengänge sowie ein gemeinsames Studium Generale zu etablieren. Daneben ist es unser Ziel, über die Einladung internationaler Gastwissenschaftler die Forschungswelt zu uns holen und umgekehrt. Mit Blick auf die Stärkung der Theologie wollen wir ein Forschungszentrum einrichten, das sowohl die historische Perspektive als auch den Komplex "Kirche, Religion und Gesellschaft" fokussiert. Idealerweise kommen wir zudem noch zu einem Stiftungslehrstuhl, der sich der Erforschung von Bildung an katholischen Bildungseinrichtungen widmet. Vergleichbares gibt es in Deutschland bislang noch nicht.
Linktipp: Katholische Universität hat neue Präsidentin
Erstmals rückt eine Frau an die Spitze der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU). Das zuständige Gremium wählte am Mittwoch die Sprach- und Literaturwissenschaftlerin Gabriele Gien. Sie verbindet bereits einiges mit der KU.Frage: Eine Vielzahl an Aufgaben. Worin liegen Ihrer Ansicht nach die größten Herausforderungen für die Universität?
Gien: Uns muss es gelingen, ein integratives Konzept umzusetzen, welches Internationalisierung, Forschung und Studiengangentwicklung gemeinsam umfasst, damit die einzelnen Bereiche nicht nur nebeneinander laufen. Wir benötigen unter uns kirchlichen Akteuren außerdem neue Formen der Kommunikation. Wir waren beispielsweise unlängst am Flüchtlingsgipfel der Deutschen Bischofskonferenz beteiligt. An solchen Formaten mitzuwirken ist wichtig, da wir einen wertvollen Beitrag in Sachen Forschung und Qualifizierung in diesen Bereichen leisten können. Als Universität muss es uns weiterhin gelingen, den eingeschlagenen Kurs in ruhigerem Fahrwasser fortzuführen und eine katholische Campusidentität zu entwickeln.
Frage: Wie verstehen Sie dabei Ihre Aufgabe als Präsidentin?
Gien: Darauf möchte ich mit einem schönen Zitat von Papst Franziskus antworten: Die Zeit ist wichtiger als der Raum. Die Hauptaufgabe von uns als Hochschulleitung muss es sein, Prozesse so zu initiieren und zu steuern, dass sie ein noch höheres Maß an Eigen- und Mitverantwortung bei den jeweiligen Zuständigen im gesamten universitären Betrieb erzeugen.
Frage: Was macht für Sie den besonderen Reiz aus, gerade eine katholische Universität zu leiten?
Gien: Insbesondere die Impulse, die wir in die Gesellschaft geben können, finde ich sehr reizvoll, ebenso den Dialog zwischen Glauben und Wissen. Aus meiner Sicht ist eine katholische Universität in Deutschland unabdingbar. Wir bilden junge Menschen aus, die das Bewusstsein für Kirche und Glaube mitbringen und die christlichen Wurzeln und Traditionen weitertragen. Irgendwann werden sie selbst an den Schlüsselpositionen unserer Gesellschaft wiederzufinden sein.
Frage: Wenn Sie einen Wunsch für Ihre Universität frei hätten, wäre das…
Strahlkraft entfalten zu können - regional, deutschlandweit und international. Das gelingt nur, wenn wir eine herausragende Universität sind.