Eremit gesucht
Stadt und Pfarrei Saalfelden im österreichischen Bundesland Salzburg suchen einen neuen Bewohner für die Einsiedelei auf dem Palfen. Der soll ab April die in den Fels gebaute Klause auf rund 1.000 Meter oberhalb von Saalfelden bewohnen und für die zahlreich erwarteten Pilger da sein. Die Einsiedelei ist eine der letzten bewohnten Eremitagen in Europa. Seit dem 16. Jahrhundert wird dort ein Bildnis des heiligen Georg verehrt, des Schutzpatrons der Tiere. Die natürliche Felshöhle wurde ab 1664 zu Kapelle und Klause ausgebaut.
Die "Saison" für den Einsiedler dauert von April bis November. Während der Wintermonate ist die Klause nicht bewohnbar - denn auch heute leben die Einsiedler in dieser Klause karg und einfach. "Ohne Strom und ohne fließendes Wasser. Aber mit viel Zeit zum Gebet und zur inneren Einkehr", wie es in der Ausschreibung der Stadt Saalfelden heißt. Die Einsiedelei gehört heute der Kommune. Bürgermeister und Pfarrer bemühen sich gemeinsam um den neuen Bewohner.
Zugleich Eremit und Psychologe
Für Bürgermeister Erich Rohrmoser muss der neue Einsiedler "zugleich Eremit und Psychologe sein". Für Pfarrer und Dechant Alois Moser braucht es vor allem einen Menschen, der in sich ruht und bereit für Gespräche ist. Wer nicht ohne Fernsehen, Computer und Zentralheizung auskommt, für den sei die Klause am Fuße des Steinernen Meeres nicht geeignet.
Bis 2015 lebte Bruder Raimund von der Thannen aus dem Benediktinerstift St. Lambrecht in der Einsiedelei. Die Reduzierung auf das Notwendigste irritiere und fasziniere zugleich die Menschen von heute, die von einem unglaublichen Überfluss an materiellen und medialen Dingen umgeben seien, war der damalige Eremit überzeugt.
Für zwölf Jahre lebte Bruder Raimund auf dem Palfen, immer von April bis Oktober: "Die Kapelle ist das Zentrum. Darum hat sich dieser Ort gebildet. Zuhören, da sein, schweigen, Ermutigungen aussprechen, dem oft schweren Leben Erleichterung ermöglichen im Gebet, und einfache Gastfreundschaft - all das ist mein Dienst für die Menschen, die hier heraufkommen."
Seine Erfahrung zeige, dass sich viele Menschen mit ihm als Einsiedler leichter täten als mit einer kirchlichen Amtsperson, so der Ordensmann. "Viele Institutionen, auch die Kirche, drehen sich um sich selber, um die Eigenerhaltung." Spiritualität müsse einfach und ohne Barrieren zugänglich sein, sagt Bruder Raimund. Tiefe Spiritualität habe freilich auch mit konsequenter "Einübung" zu tun, "mit Konsequenz, dabei zu bleiben".
Zur Georgi-Feier soll es losgehen
Die Leute hätten mit seiner Einsiedelei einen Platz gefunden, "wo sie ihr oft brüchiges Leben herauftragen können. Das drogensüchtige Kind, der Todesfall, über den man nicht drüberkommt, oder auch Touristen, die ein schweres Schicksal zu tragen haben, kommen immer wieder." Immer mehr Menschen besuchten Bruder Raimund - bis es ihm dann zu viel wurde. "Die Einsiedelei ist mir zu laut geworden", brachte er es Ende 2015 auf den Punkt.
Sein Nachfolger Thomas Fieglmüller aus Wien blieb nur ein Jahr. "Das Leben in der Klause ist spartanisch, aber die Natur wunderschön. Ich habe sehr viele nette Menschen getroffen und mit ihnen gute Gespräche geführt", so das Resümee des Psychotherapeuten und früheren Priesters im Gespräch mit den "Salzburger Nachrichten". Leider habe es auch Kritik an seiner Person gegeben - "aus scheinbar rechtskatholischen Kreisen; etwa, dass ich keinen Bart und keine Kutte trug".
Der neue Einsiedler von Saalfelden soll nun Mitte April bei der traditionellen Georgi-Feier antreten. Die Bewerbungsfrist läuft bis 15. März. "Für uns ist wichtig, dass die Beweggründe für die Aufgabe klar ersichtlich sind", so Dechant Moser.