Erfurt: Kirche und Uni rügen Anti-Moschee-Aktion
Die katholische Kirche in Thüringen und Theologie-Professoren der Universität Erfurt haben die makabre Protestaktion gegen den Neubau der Erfurter Moschee scharf verurteilt. "Die Form, die hier gewählt wurde, ist für mich unerträglich", sagte Winfried Weinrich, Leiter des Katholischen Büros Erfurt, dem Kölner domradio am Donnerstag. Damit sei zudem gegenüber früheren Protestaktionen eine "neue Eskalationsstufe" erreicht. Am Montag hatten Unbekannte auf dem Baugrundstück der geplanten Moschee der Ahamdiyya-Gemeinde in Erfurt Holzspieße mit Schweinekadavern aufgestellt; im Islam gilt das Schwein als unrein. Bereits im März war als Zeichen des Protestes ein zehn Meter hohes Holzkreuz auf dem Nachbargrundstück aufgestellt worden.
"Wir stehen hinter der Ahmadiyya-Gemeinde und werden auch in diesen Tagen zu ihr stehen", bekräftigte Weinrich die Solidarität der Kirche. Zudem werde man weiter "für Religionsfreiheit und deren Ausübung, auch für die angesprochene Gemeinde, kämpfen". Neben Weinrich meldeten sich mehrere Theologen und Religionswissenschaftler der Universität Erfurt zu Wort: "Die wiederholte Verunglimpfung des Islam und unserer muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürger ist ein abscheulicher Angriff auf Religion allgemein", sagte etwa Kirchenhistoriker Jörg Seiler dem Uni-Newsportal "WortMelder". "All diese widerwärtigen Akte sind Beleidigungen Gottes – wie und als wer auch immer er in den Religionen verehrt wird."
Die wiederholten Versuche, den Moscheebau zu verhindern, wecken laut Philosophie-Professor Eberhard Tiefensee "ungute Assoziationen" – vor allem mit der Reichspogromnacht. Zudem erinnerten die Vorfälle an die massiven Behinderungen von Kirchenneubauten zu DDR-Zeiten. "Es ist schmerzlich zu sehen, dass wenige Jahrzehnte später auch Christen alles Mögliche unternehmen, um den Bau von Moscheen zu verhindern", so Tiefensee. Das Kreuz steht laut Dogmatik-Professorin Julia Knop für das Gegenteil dessen, wofür "selbsternannte Retter des christlichen Abendlands" es im März auf dem Gelände der Moschee aufgerichtet hätten: nicht für "Überlegenheitsphantasien", sondern für "ein Bekenntnis, das Abgrenzung aufgrund von Herkunft, Ethnie und Geschlecht im Ansatz überwindet und herzliche Nachbarschaft mit allen Menschen guten Willens ermöglicht". (tmg)