Neuer Ethikrat berät über strittige Themen

Es geht um die menschliche Existenz

Veröffentlicht am 28.04.2016 um 00:01 Uhr – Von Christoph Scholz (KNA)  – Lesedauer: 
Ethik

Berlin ‐ Eingriffe in die DNA, der Schutz von Embryonen: Wenn sich am Donnerstag der neue Ethikrat über seine künftige Agenda berät, fehlt es nicht an brisanten Themen. Auch zwei katholische Theologen diskutieren mit.

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Dabei bestätigte er zwölf für eine zweite Amtszeit und berief 14 neue Sachverständige. In der Sitzung wird nicht nur der neue Vorstand gewählt, sondern auch über das kommende Arbeitsprogramm beraten.

Eingriffe in die menschliche DNA

Der scheidende Rat hatte seine Agenda weitgehend erfüllt, zuletzt mit einer Stellungnahme zur Embryospende. Offen blieb das Thema "Big Data" über den Persönlichkeitsschutz bei der Auswertung großer Datenmengen. Ferner steht im Juni die Jahrestagung zum "Zugriff auf das menschliche Erbgut" an. Dabei geht es um das sogenannte Genom Editing, also die Möglichkeit, durch neue Techniken Teile des Erbguts zu verändern. Der neue Rat wird aber seine eigene Agenda bestimmen.

"In der Treue zu seinem Gewissen"

Andreas Lob-Hüdepohl, Professor für Theologische Ethik, ist in den Deutschen Ethikrat berufen worden. Im Interview mit katholisch.de erklärt er unter anderem, warum die Perspektive behinderter Menschen für alle wichtig ist.

Für den katholischen Tübinger Moraltheologen Franz-Josef Bormann gehört die als CRISPR/Cas-Verfahren bekanntgewordene neue Technik für Eingriffe in die menschliche DNA in jedem Falle zu den dringlichen Themen. Der Experte für Naturrecht ist als Vertreter der katholischen Kirche neu berufen worden, ebenso wie der Berliner Ethiker Andreas Lob-Hüdepohl. Dieser sieht einen wesentlichen Auftrag ethischer Verantwortung im Schutz der "Schwächsten in der Gesellschaft", wozu er auch den menschlichen Embryo zählt.

Für die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) bleiben der Erlanger Theologen Peter Dabrock sowie der hessische evangelische Bischof Martin Hein im Gremium. In eine weitere Amtszeit gehen auch die Göttinger Medizinethikerin Claudia Wiesemann, der Frankfurter Humanmediziner Leo Latasch, Mitglied des Zentralrats der Juden, sowie der Mediziner Ilhan Ilkilic als Vertreter der Muslime und der Siegener Philosoph Carl Friedrich Gethmann. Neu ins Gremium kommt die Ethikerin an der evangelischen Fachhochschule Bochum, Sigrid Graumann.

Medizin und Naturwissenschaften vertreten weiterhin die Düsseldorfer Neurobiologin Katrin Amunts, die Humanmedizinerin Christiane Fischer sowie die Berliner Geriaterin Elisabeth Steinhagen-Thiessen. Erstmals dabei sind die Pflegewissenschaftlerin Gabriele Meyer, der Göttinger Medizinrechtler Volker Lipp, die Heidelberger Systembiologin Ursula Klingmüller, der Homburger Humangenetiker Wolfram Henn und die Berliner Medizin-Soziologin Adelheid Kuhlmey, sowie der Heidelberger Psychologe Andreas Kruse. Eher aus der Praxis kommt die Familientherapeutin Petra Thorn aus Mörfelden-Walldorf. Ferner wird die Kieler Medizinethikerin Alena Buyx neu in den Rat berufen. Sie war bereits knapp drei Jahre Vize-Direktorin des renommierten, eher liberalen britischen Bioethikkomitees.

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Video: © katholisch1.tv

"Es geht um Menschenwürde vom Anfang bis zum Ende"

Für die Rechtswissenschaft wird der Hamburger Strafrechtler Reinhard Merkel in eine zweite Amtszeit gehen - obgleich er seinerzeit über die FDP kam - ebenso wie der Kölner Staatsrechtler Wolfram Höfling und Constanze Angerer, die ehemalige Präsidentin des Landgerichts München. Neu benannt sind der Gießener Rechtswissenschaftler Steffen Augsberg und seine Göttinger Fachkollegin Dagmar Coester-Waltjen. Als Vertreter der Patienten und Behindertenverbände kommt der Münchner Stephan Kruip neu hinzu.

Plurales Meinungsspektrum

Die neue Zusammensetzung spiegelt - wie vom Gesetzgeber gewünscht - unterschiedliche ethische Ansätze und ein plurales Meinungsspektrum bei der Bewertung heikler ethischer Fragen in Forschung und Entwicklungen der Lebenswissenschaften wider. Ob sich künftig eine Verschiebung der Mehrheitsvoten ergibt, wird sich erst bei konkreten Stellungnahmen zeigen, etwa zu einer möglichen Zusammenfassung der unterschiedlichen Regelungen zum Embryonenschutz. Politisch haben Mehrheitsvoten durchaus Gewicht. Die Stärke des Beratungsgremiums liegt aber vor allem in der Expertise, mit der es die grundlegenden ethischen Aspekte brisanter Themen herausarbeitet.

28.04.2016, 9.16 Uhr: Überarbeitung 4. und 5. Absatz wegen falscher Bezeichnung: KNA-Korrektur /jhe

Von Christoph Scholz (KNA)