Leiter der Taize-Bruderschaft zieht Bilanz des Jugendtreffens

"Europa mit Leben füllen"

Veröffentlicht am 01.01.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Bild: © KNA
Jugend

Straßburg ‐ 30.000 Jugendliche aus 50 Nationen - fünf Tage lang war die Europastadt Straßburg Gastgeberin für das größte Treffen junger Christen in Europa. Auf Einladung der Gemeinschaft von Taize tauschten sich die Jugendlichen über Sinnsuche, Glauben und gesellschaftspolitische Fragen aus. Der Leiter der Taize-Bruderschaft, Frere Alois Löser (59), zieht im Interview in Straßburg eine erste Bilanz des Treffens.

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Frage: Frere Alois, was war für Sie das Wichtigste der vergangenen Tage?

Frere Alois: Hier in Straßburg kam die europäische Gemeinschaft besonders in den Blick. Und somit die Frage, wie können Christen einen Beitrag leisten, damit die europäische Gemeinschaft neuen Elan gewinnt. Wir sehen, dass dazu persönlichen Begegnungen unbedingt nötig sind. Die europäischen Institutionen müssen mit Leben erfüllt werden - durch Begegnungen zwischen Menschen, auch über die EU-Grenzen hinaus. So sind zum Beispiel rund 2.500 Jugendliche aus der Ukraine und mehr als 1.000 aus Weißrussland zu unserem Jugendtreffen gekommen.

Frage: Aber Taize will mehr sein als allein ein Forum des internationalen Austauschs.

Frere Alois: Ja natürlich. Der andere zentrale Themenbereich war die Suche nach den Quellen des Glaubens. Glauben wird heute nicht mehr einfach durch Tradition weitergegeben, sondern Jugendliche wollen ihren persönlichen Glauben finden. Dazu braucht es aber die Gemeinschaft.

Jugendliche sitzen gemeinsam singen auf dem Boden der feierlich erleuchteten und geschmückten Messehalle in Straßburg.
Bild: ©KNA

Teilnehmer des Abendgebets in einer Messehalle.

Frage: Besonders in Westeuropa gehen die Zahlen junger Christen derzeit jedoch stark zurück.

Frere Alois: Das stimmt. Immer mehr Jugendlichen tun sich schwer mit der Institution Kirche. Aber gleichzeitig sehen wir, dass die Jugend auf der Suche ist. Jugendliche suchen in all der Hektik der modernen Gesellschaft nach einem inneren Frieden und nach tiefem Sinn für ihr Leben. Die Frage ist, wie wir uns als Kirchen mit dieser geistlichen Suche in Verbindung bringen können. Ich bin davon überzeugt, dass wir Orte und Momente schaffen sollten, wo Jugendliche da sein können, einfach so wie sie sind. Ohne dass sofort irgendwelche Forderungen an sie gestellt werden. Erst danach, wenn wir ihnen zuhören, kann ein Glaubensweg beginnen.

Frage: Die Taize-Bruderschaft steht zugleich für die Forderung nach mehr Solidarität, für eine gerechte Gesellschaft.

Frere Alois: Wir suchen eine größere Solidarität - nicht nur in nationalen Grenzen. Und genau das haben uns die Jugendlichen hier in Straßburg vorgelebt. Oder auch die Familien, die ihnen im Elsass und in Baden herzliche Gastfreundschaft gewährt haben. Auf eine ganz einfache und konkrete Weise geschah hier eine Solidarität über Grenzen hinweg. Auch die Solidarität zwischen Reich und Arm spielte eine Rolle. Die politischen Anfrage unseres Treffens wollen wir an die Verantwortlichen weitergeben.

Das Interview führten Elisabeth Rahe und Volker Hasenauer (KNA)