Ordenspriester Jacques Mourad gibt Interview in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung"

Ex-IS-Geisel will Familiennachzug für Flüchtlinge

Veröffentlicht am 20.10.2016 um 13:40 Uhr – Lesedauer: 
Ex-IS-Geisel will Familiennachzug für Flüchtlinge
Bild: © KNA
Flüchtlinge

Frankfurt ‐ Jacques Mourad kann verstehen, dass Manchen der Flüchtlingsstrom zu groß wird. Aber deshalb Familien zu trennen, sei unmenschlich. Für die Christen Europas hat der Ordensmann einen Rat.

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Der zeitweilig vom "Islamischen Staat" (IS) entführte Ordensmann Jacques Mourad plädiert für die Zusammenführung von Flüchtlingen und ihren Angehörigen in Deutschland. "Ich bitte nicht darum, noch mehr Flüchtlinge ins Land zu lassen. Aber jenen, die schon hier sind, sollte ermöglicht werden, dass ihre Familien nachkommen können", sagte Mourad im Interview der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Das verlange die Menschlichkeit.

"Kann verstehen, dass es vielen Deutschen reicht"

Der französische Ordenspriester könne verstehen, dass es vielen Deutschen reichte. "Doch wenn man etwas anfängt, ein Werk, das in der Geschichte einzigartig ist, dann ist es wichtig, dass man dieses Werk auch bestmöglich zu Ende bringt", erklärte Mourad.

Flüchtlinge in Deutschland sind nach seinen Worten weitaus besser aufgehoben, als in anderen Ländern. "Sie erfahren viel Güte und Unterstützung auf allen Ebenen", so der frühere Betreuer der christlichen Gemeinde der syrischen Kleinstadt Karjatain. Dennoch litten die Schutzsuchenden. "Denn es ist nicht einfach zu verwinden, Flüchtling zu sein und alles verloren zu haben."

Stimmen in Europa, die verlangten, gezielt syrische Christen anstelle von Muslimen aufzunehmen, erteilte Mourad eine Absage. "Wer so denkt, legt ein Zeugnis der Unmenschlichkeit ab. Wie kann ich meinen Bruder retten, aber dem Cousin dabei zusehen, wie er stirbt?", so der Geistliche. Muslime seien keine Unmenschen und alle Syrer hätten es verdient, gerettet zu werden. "Ihr Los ist ansonsten der Tod."

Mourad: Keine Angst vor Muslimen haben

Christen in Europa sollten laut Mourad keine Angst vor Muslimen haben und zwischen gläubigen Muslimen und Extremisten differenzieren. Diejenigen, die nach Europa flüchteten, kämen nicht, weil dort Wohlstand herrschte. "Sie wollen nach Westeuropa, weil es hier Frieden gibt, weil die Menschen sich nach dem Zweiten Weltkrieg, noch mehr aber nach dem Fall der Berliner Mauer dafür entschieden haben, kriegerischer Gewalt Einhalt zu gebieten", sagte der Pater. Die Menschen bewunderten den Respekt, den man hier einander entgegenbrächte, und die Freiheit, in der man lebte. "Sie dürsten danach, das selbst zu erfahren", so Mourad.

Als "eine Katastrophe, die alles Bisherige übertrifft", bezeichnete er die aktuelle Lage in Aleppo. "Die Welt schaut einfach nur zu und verliert mit jeder Minute, die verstreicht, ohne dass die Bombardements gestoppt werden, ein wenig mehr von ihrer Moral", sagte Mourad, der im Mai 2015 vom IS verschleppt und im Oktober wieder freigelassen worden war. (KNA)

Themenseite: Auf der Flucht

Die Flüchtlingskrise fordert Staat, Gesellschaft und Kirchen mit ganzer Kraft heraus. Auch die katholische Kirche in Deutschland engagiert sich umfangreich in der Flüchtlingsarbeit. Weitere Informationen dazu auf der Themenseite "Auf der Flucht".