Fabelhafte Wesen

Veröffentlicht am 10.11.2012 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Ein Fabelwesen am Regensburger Dom
Bild: ©
Regensburger Dom

Regensburg ‐ Der Regensburger Dom – erhaben thront er über der Altstadt und setzt der Stadtsilhouette sozusagen die Krone auf. Doch nicht nur das Gebäude, sondern auch die vielen Statuen und Figuren ziehen die Blicke der Besucher auf sich. Zunächst ist da St. Peter, der Namensgeber des Doms, dann sind da die Marien-Statue des Abts und Bildhauers Erminold, der „lachende Engels“ Gabriel und natürlich der nackte Affe im nur halb zugeknöpften Talar.

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Moment – ein nackter Affe? Das Tier gehört zu den knapp 300 Tieren und Fabelwesen, die im und am Regensburger Dom beheimatet sind. Achim Hubel hat sie entdeckt; er ist Professor für Denkmalpflege an der Universität in Bamberg. Von 1984 bis 2009 wurde der Dom saniert, und Hubel war von Anfang bis Ende dabei. In den 25 Jahren hat er dem Dom kennengelernt, wie seine Westentasche und mit ihm die Statuen und Figuren – auch die Tiere, Kobolde, Drachen und eben auch den nackten Affen. Für seinen Bildband "Die Kunstdenkmäler von Bayern: Der Regensburger Dom" hat er sie alle fotografiert. Und die Fabelwesen haben ihn derart fasziniert, dass er ihnen in seinem Buch einen eigenen Abschnitt widmete. Dabei hat er bemerkt, dass sich so mancher Bildhauer den einen oder anderen Scherz erlaubte: "Weit oben waren die Bildhauer manchmal sehr frech, ironisch, ja sogar ungeniert", so Hubel im Gespräch mit der Katholischen Nachrichtenagentur (KNA). Er hat insgesamt 297 Figuren entdeckt, die nicht unmittelbar im christlichen Kontext stehen: 76 zoologisch bestimmbare Tiere und 221 Fabelwesen.

Sorgfältig gearbeitet

Hubel beschreibt Kopffüßler und Tiermischungen mit Zottelhaaren, Krallen oder Entenfüßen, die die Bildhauer geformt haben: "Sie haben sich einen Spaß daraus gemacht und einen zoologischen Wundergarten geschaffen. Die Wesen zeigen aber auch, wie genau die Bildhauer hingeschaut haben. Bis hinauf in höchste Höhen haben sie ganz sorgfältig gearbeitet, also auch dort, wo es nur der liebe Gott sieht." Hubel vertritt die Ansicht, dass die Bildhauer damit in erster Linie böse Geister abwehren wollten: "Oft haben sich die Bildhauer dabei mit ihrer ganzen Fantasie ausgetobt."

Nackte Affen, Zottelwesen und Drachen am Dom – gab das keinen Ärger mit der Kirche? Doch Hubel geht davon aus, dass die Schöpfer dieser Figuren keine Angst vor Konsequenzen hatten: „Die Bildhauer waren sich schon sehr sicher, dass das in diesen Höhen niemand entdecken würde.“ (mit KNA)

Von Michael Richmann

Der Bildband

Der Bildband: „Die Kunstdenkmäler von Bayern: Der Dom zu Regensburg, Band 4 des Gesamtwerks - Fotodokumentation“ ist das vierte Buch der fünfteiligen Reihe „Der Dom zu Regensburg“ und wurde vom bayrischen Landesamt für Denkmalschutz herausgegeben und im Pustet-Verlag veröffentlicht. Die gebundene Ausgabe umfasst 700 Seiten und kostet 68 Euro. ISBN-10: 3791723367 ISBN-13: 978-3791723365