Herzen gibt es nicht im Supermarkt
Dem soll auch der bundesweite Tag der Organspende entgegenwirken, der am Samstag mit einer zentralen Veranstaltung samt ökumenischem Gottesdienst auf dem Marienplatz in München eröffnet wird. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) will daran teilnehmen.
Weniger als ein Drittel haben Organspendeausweis
Die letzten Statistiken haben bei den Verantwortlichen Hoffnung geweckt: Nach einer am Mittwoch veröffentlichten BZgA-Umfrage haben 81 Prozent der Bundesbürger eine überwiegend positive Einstellung zum Thema. 2010 waren es 79 Prozent. Allerdings haben weiterhin nur rund 32 Prozent einen Organspendeausweis.
Auf die Frage nach den Motiven für eine Organ- und Gewebespende sagten 77 Prozent, dass sie anderen Menschen helfen wollen. 27 Prozent lehnen eine Organ- und Gewebespende ab, weil sie glauben, als Spender nicht geeignet zu sein, 20 Prozent äußern Angst und Unsicherheit gegenüber der Organentnahme und 19 Prozent fehlt das Vertrauen in das System der Transplantationsmedizin.
Bei den Organspendezahlen scheint die jahrelange Abwärtsspirale zumindest gestoppt. Nach der Bilanz der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) für 2015 stieg die Zahl der Spender wieder, zugleich sank allerdings die Zahl der gespendeten und der transplantierten Organe.
Konkret spendeten im vergangenen Jahr 877 Bundesbürger ihre Organe; das waren 13 mehr als 2014. 3.083 Organe wurden transplantiert. Insgesamt kamen damit in der Bundesrepublik 10,8 Spender auf eine Million Einwohner (2014: 10,7). Der Durchschnitt in der EU liegt bei 19,5 Spendern, in den USA bei 25. Spitzenreiter ist seit Jahren Spanien, das 2015 auf eine Rekordquote von 39,7 kam.
Die Situation hat sich stabilisiert. Auf niedrigem Niveau. Man kann die Statistik allerdings auch so lesen, dass alle Appelle, alle Reformen und die Millionen Euro teuren Werbekampagnen der Krankenkassen die Stimmung nur wenig verändert haben. Seit August 2012, also seit Bekanntwerden der Betrugsfälle in mehreren der 46 Transplantationskliniken, war die Zahl der Organspenden bundesweit auf Talfahrt - genauso wie das Vertrauen der Bürger.
Andererseits ist die Reihe von Reformschritten, die Politik, Bundesärztekammer und DSO unternommen haben, bemerkenswert. Schon 2012 beschloss die Bundesärztekammer schärfere Kontrollen und ein "Mehraugenprinzip". Danach soll eine interdisziplinäre Transplantationskonferenz am jeweiligen Behandlungszentrum entscheiden, ob ein Patient auf die Warteliste aufgenommen wird.
Der Bundestag beschloss zudem im Juni 2013, dass Ärzte, die Manipulationen an Wartelisten vornehmen, eine "Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe" erwartet. Zudem muss sich die Bundesärztekammer die Richtlinien, nach denen Organe vergeben werden, künftig vom Bundesgesundheitsministerium genehmigen lassen.
Linktipp: "Ein zuverlässiges Kriterium"
Um Orientierung in der Debatte rund um Organspende und Hirntod zu bieten, hat die Deutsche Bischofskonferenz am Mittwoch eine Handreichung veröffentlicht. Darin betont sie, dass die Organspende ein "großherziger Akt der Nächstenliebe" sei.Bereits 2012 wurden die Krankenkassen verpflichtet, jeden Bürger regelmäßig über Organspenden aufzuklären. Außerdem müssen alle Kliniken mit Intensivstation einen Transplantationsbeauftragten ernennen. Auch die DSO, die mit der Koordination der Organspende in Deutschland beauftragt ist, hat sich zu Reformen durchgerungen. Sie hat Bund und Länder stärker in ihren Stiftungsrat eingebunden.
Regeln für alle gleich
Der Deutschen Stiftung Patientenschutz reicht das nicht aus: Sie fordert mehr staatliche Kontrolle und mehr Transparenz bei der Organvergabe: "Die Bevölkerung will sicher sein, dass die Regeln für alle Empfänger gleich sind", sagt Vorstand Eugen Brysch. Dazu müsse auch klar geregelt werden, an welche Gerichte sich schwerstkranke Empfänger wenden können, wenn sie eine Entscheidung über die Platzierung auf der Warteliste überprüfen lassen wollen.