Fasten ist ein Gewinn

Veröffentlicht am 06.01.2015 um 23:56 Uhr – Lesedauer: 
Dossier: Fastenzeit

Wer die Fastenzeit durchhalten will, muss sich disziplinieren – gar nicht so einfach. Katholisch.de hat bei Fastenexperten nachgefragt, wie sich die Zeit am besten überbrücken lässt. Geantwortet haben Schwester Anna Rademacher, die im Kloster Marienthal die Fastenkurse spirituell begleitet, Pater Josef Fischer vom Kloster Schwarzenberg und die Ärztin Eva Lischka, Katholikin und Vorsitzende der Ärztegesellschaft Heilfasten und Ernährung. Hier ihre Tipps:

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Fasten in der Gemeinschaft

"Gemeinsam sind wir stark" – dieses Motto gilt auch beim Verzicht. Und das funktioniert nicht nur bei intensiven Fastenwochen im Kloster, sondern auch bei denjenigen, die zu Hause die lange vorösterliche Zeit durchhalten wollen. Es gibt zum Beispiel Pfarrgemeinden, die den Austausch in Fastengruppen anbieten: "Da treffen sich die Leute, sprechen über ihre Erfahrungen, bekommen spirituelle Impulse, und motivieren sich so gegenseitig zum weitermachen", sagt Pater Josef Fischer. Aber auch Mitstreiter in der Familie oder im Freundeskreis dienen als Ansporn, meint Medizinerin Eva Lischka.

Die eigene Motivation überdenken

Wer einen guten Grund fürs Fasten hat, der hält auch länger durch. Für Schwester Anna etwa ist klar: "Gott ist der allerbeste Grund und auch der beste Helfer während dieser Zeit". Das hilft ihr in den Momenten, in denen ihr der Verzicht mal schwer fällt: "Dann werfe ich ein Blick auf eines der Kreuze oder Bilder, die überall bei uns im Kloster hängen und sende ein Stoßgebet gen Himmel: Ich mache es Dir zuliebe, hilf mir!"

Das Ziel vor Augen halten

Eva Lischka rät, sich das Ziel des Fastens immer wieder vor Augen zu führen: "Eine durchgehaltene Fastenzeit ist ein Erfolgserlebnis, das in den Menschen neue Energien freisetzt". In der Fastenzeit geht es also nur vordergründig um eine Einschränkung: "Indem ich für eine gewisse Zeit auf etwas verzichte, gewinne ich ja etwas Anderes, viel Größeres. Das kann eine größere innere Ruhe oder Freiheit sein, eine Rückbesinnung auf meinen eigenen Weg, oder auch eine Neuorientierung oder Rückbesinnung auf das Geschenk des Glaubens", sagt Pater Josef. Das Erfolgserlebnis ist natürlich umso größer, wenn der Verzicht auch wehtut: Wer auf Süßigkeiten verzichtet, weil er sowieso lieber Chips isst, tut sich keinen Gefallen. Ideen für ein individuelles Fastenopfer kann ein Blick auf die eigenen Schwächen bringen oder auf das, was einem wichtig ist: Früher ins Bett gehen, die Wohnung ordentlich halten, auf Facebook verzichten, kein Auto fahren – all das können sinnvolle Ziele sein.

Ein Blick in die Bibel

Auch in der Bibel finden sich Impulse zum Durchhalten der Fastenzeit. Als Vorbild dient Jesus persönlich, der in der Wüste 40 Tage Verzicht übte und so die Kraft sammelte, um seine Botschaft vom Reich Gottes in der Öffentlichkeit zu verkünden. Pater Josef und Schwester Anna erinnern auch an die Bergpredigt aus dem Matthäus-Evangelium, in der sich Jesus im sechsten Kapitel (Mt. 6, 16-18) zum Fasten äußerte (siehe Kasten). Im 49. Kapitel der Ordensregel des Heiligen Benedikt hat der Ordensgründer schon im sechsten Jahrhundert die österliche Bußzeit als "heilige Tage" der Sühne bezeichnet. Für eine geeignete religiöse Lektüre lohnt sich aber auch ein Blick in die Literatur der Gegenwart: Sehr beliebt ist etwa das Buch "Fasten" des Benediktinerpaters Anselm Grün.

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Video: © Julia Semeras i. A. des Kath. Medienverbandes

Titel: Religiöses Fasten Autor: Bernado Fritzsche Verlag: Patmos Preis: 14,90 Eur

„Wenn ihr aber fastet, so schaut nicht finster drein wie die Heuchler, denn sie verstellen ihr Gesicht, damit die Leute merken, dass sie fasten. Wahrlich, ich sage euch, sie haben schon ihren Lohn. Du aber, wenn du fastest, salbe dein Haupt und wasche dein Gesicht, damit die Leute nicht merken, dass du fastest, sondern nur dein Vater, der im Verborgenen ist, und dein Vater, der ins Verborgene sieht, wird dir vergelten.“

—  Zitat: Mt. 6,16-18

Ablenkung

"Um sich abzulenken, hilft eine Art Gegenprogramm", ist die Erfahrung von Pater Josef. Weil er sich für die Zeit vor Ostern einen Verzicht auf elektronische Medien vorgenommen hat, hat er sich ein gutes Buch ausgesucht für die Zeit, in der er sonst Nachrichten schaut. "Man muss sich ganz einfach ein wenig selbst überlisten", sagt er mit einem Augenzwinkern. Welches 'Gegenmittel' das richtige ist, hängt von der Art des Fastens ab. Bewegung tut immer gut. Wer weniger essen will, sollte besonders viel trinken, gegen die Lust auf eine Zigarette hilft bei vielen Rauchern ein Gegenstand, den sie in den Händen halten können. Auch eine Art "Telefonjoker", der angerufen werden kann, wenn die Versuchung allzu groß ist, kann brenzlige Situationen entschärfen. "Man muss sich gezielt Alternativen suchen und diese möglichst ritualisieren", erklärt Eva Lischka. Wer vorher Freunde und Bekannte informiert, dem werden bei der nächsten Geburtstagsparty möglicherweise gar kein Alkohol und keine Süßigkeiten angeboten.

Maß halten

Sowohl Pater Josef als auch Schwester Anna raten dazu, sich mit dem Verzichten nicht zu überfordern - schon gar nicht aus einem falsch verstandenen christlichen Pflichtbewusstsein: "Man sollte das Fasten nicht als religiösen Druck empfinden und denken 'Ich muss fasten, damit Gott zufrieden ist‘'. Es ist eine Chance zur Lebendigkeit!", sagt Pater Josef. Auch für Schwester Anna muss trotz möglicher Schwierigkeiten immer Freude mit im Spiel sein: "Sobald jemand merkt, dass er sich mit seinem Fastenvorsatz verhoben hat, sollte er entweder aufhören oder zumindest zurückschrauben".

Von Gabriele Höfling