Franziskus und Tawadros beten für Terroropfer
Papst Franziskus und der koptische Patriarch Tawadros II. haben bei einem Treffen in Kairo am Freitag eine ökumenische Erklärung unterzeichnet. Darin wird das Leiden verfolgter Christen aller Konfessionen als "Zeichen und Werkzeug der Einheit" bezeichnet. Weiter bekräftigen Franziskus und Tawadros II., dass Gläubige bei einem Übertritt in die jeweils andere Kirche nicht erneut getauft werden sollen.
Das Dokument erinnert an die Übereinstimmungen in der Glaubenslehre, beginnend mit dem Konzil von Nizäa 325 und würdigt besonders die Gemeinsame Erklärung vom 10. Mai 1973, mit der der katholische Papst Paul VI. (1963-1978) und der koptische Patriarch Schenuda III. (1971-2012) nach jahrhundertelanger Trennung einen theologischen Dialog zwischen den beiden Kirchen eröffneten.
Papst und Patriarch zitieren Paulus
Die Erklärung hält fest, bis zur Kircheneinheit sei es noch ein weiter Weg. Tiefster Ausdruck der gegenseitigen Zuneigung sei das gemeinsame Gebet. Mit Blick darauf vereinbaren beide Kirchen ein gemeinsames Gebet für alle Christen in Ägypten und im Nahen Osten. Dabei heißt es: "Die tragischen Erfahrungen und das vergossene Blut der Gläubigen, die allein wegen ihres Christseins verfolgt und getötet wurde, erinnern uns mehr denn je, dass die Ökumene des Martyriums uns eint und uns auf dem Weg zu Frieden und Versöhnung ermutigt. Denn, wie der heilige Paulus schreibt: 'Wenn ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit' (1. Korintherbrief 12,26)."
Linktipp: Der Papst des Friedens
Papst Franziskus ist in Ägypten. Beim Besuch der Al-Azhar-Universität traf er auf Großscheich Ahmed al-Tayyeb - und weicht mehrmals vom Redemanuskript ab. Das waren die News von der Papstreise am Freitag.Vor der Unterzeichnung des Papiers erinnerten Franziskus und Tawadros an die Opfer des Anschlags vom 11. Dezember 2016 auf die koptische Peter-und-Paul-Kirche. An dem ökumenischen Gebet nahmen hohe Geistliche mehrerer christlicher Konfessionen teil, auch das Ehrenoberhaupt der Orthodoxie, Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel. Bei dem Attentat 2016 waren 29 Menschen ums Leben gekommen, 31 wurden verletzt.
Zu Beginn der Feier lasen die anwesenden Oberhirten jeweils einen Abschnitt aus den Seligpreisungen Jesu in der Bergpredigt vor. Anschließend sprachen Franziskus und Tawadros frei ein kurzes Gebet und tauschten mit allen Geistlichen den Friedenskuss. Danach entzündeten sie Kerzen am Anschlagsort und legten unter den Fotos der Getöteten Blumen nieder. Die Mauer der Kirche zeigt an dieser Stelle noch immer Blutspuren von Opfern des Anschlags. Sowohl der Papst als auch der koptische Patriarch hatten bereits bei ihrem Treffen vor dem Gebet auf die jüngsten Anschläge gegen Kopten verwiesen. Franziskus sprach von einer "Ökumene des Blutes".
Gemeinsam gegen Terror und Gewalt
Der Besuch des Papstes in der Al-Azhar Universität am Nachmittag stand im Zeichen des Einsatzes gegen Terror und Gewalt. Zusammen mit dem Großscheich der islamischen Universität, Ahmad al-Tayyeb, verurteilte Franziskus Hass und Extremismus im Namen der Religion. Zugleich rief er zum Einsatz für Menschenwürde, Menschenrechte und Religionsfreiheit auf.
Die Papstreise live im Stream
Katholisch.de überträgt in Kooperation mit EWTN die wichtigsten Stationen der Ägypten-Reise des Papstes live im Stream.An der Al-Azhar nahm der Papst an einer Friedenskonferenz der Religionen teil. Dabei warnte er vor Populismus als Nährboden von Gewalt. Religiöse Verantwortungsträger müssten zudem vermeintlich religiöse Gewalt entlarven und als "götzendienerische Verfälschung Gottes" verurteilen. Großscheich al-Tayyeb rief dazu auf, Religion von einem falschen Verständnis zu reinigen, das sich auf sie beruft und "kleine Gruppen" zur Gewalt anleite. Er wandte sich zugleich gegen eine Verunglimpfung des Islam. Man könne nicht eine ganze Religion für die Taten einer fanatischen Minderheit verantwortlich machen.
Historisches Gipfeltreffen mit drei Kirchenoberhäuptern
Die internationale Friedenskonferenz war ein christlich-muslimisches Gipfeltreffen, wie es zuvor noch nie stattgefunden hatte. Denn außer dem Papst waren auch das Ehrenoberhaupt der orthodoxen Christenheit, Patriarch Bartholomaios I., sowie Spitzenvertreter der katholischen und orthodoxen Kirchen im Nahen Osten gekommen. Das Besondere war nicht zuletzt, dass die Einladung von muslimischer Seite ausging.
Angesichts der akuten Bedrohungslage durch islamistischen Terror findet der Besuch unter schärfsten Sicherheitsvorkehrungen statt. Trotzdem verzichtete der Papst auf ein gepanzertes Fahrzeug und fuhr wie üblich in einem Kleinwagen durch Kairo. Franziskus ist erst der zweite Papst der Neuzeit, der das arabische Land besucht. (kim/KNA)