Gegen die Abschaffung des Zölibats
Vier Tage lang haben die deutschen Bischöfe bei ihrer Frühjahrs-Vollversammlung in Bergisch Gladbach getagt. Beim abschließenden Pressegespräch sprach der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, über Priester in der heutigen Zeit, die Eucharistie für konfessionsverschiedene Ehepartner und einen Staat, der Menschen beim Suizid nicht die Hand reichen darf.
Studientag zum priesterlichen Dienst
Bei einem Studienhalbtag im Rahmen der Vollversammlung sprachen die Bischöfe über die Konsequenzen, die die veränderten Bedingungen des priesterlichen Dienstes und Lebens mit sich bringen. Im Mittelpunkt stand dabei nicht die Frage nach dem Priestermangel oder der zölibatären Lebensform, sondern die Frage nach dem Gelingen eines Lebens und Wirkens als Priester in der heutigen Zeit. Hier diagnostizierten die Bischöfe, dass sich "das Leitbild einer umfassenden seelsorglichen Verantwortung nicht selten als menschliche und geistliche Überforderung" von Priestern erweise.
Im Rahmen des Studienhalbtages sprach der Dresdner Bischof Heinrich Timmerevers über das Thema "Gelingende Pfarrerrolle - auch in extremen Situationen" und beschrieb dabei die Spannung zwischen den gewandelten Idealforderungen an einen Pfarrer und den realen Priestern, die in der Regel noch unter ganz anderen Bedingungen Priester geworden seien. "Es bereitet Sorge, dass wegen der gewandelten Anforderungen eine nicht unerhebliche Zahl von Priestern gar nicht mehr als Pfarrer eingesetzt werden kann", heißt es im Abschlussbericht der Vollversammlung. Hohen Anforderungen durch Managementaufgaben würden zudem das geistliche Profil des priesterlichen Dienstes beeinträchtigen.
Laut dem Abschlussbericht soll sich die Kommission für Geistliche Berufe und Kirchliche Dienste der Bischofskonferenz weiter mit dem Thema des Studienhalbtages beschäftigen. Bischof Felix Genn, der Vorsitzende der Kommission, habe betont, dass die Tätigkeit des Priesters nicht auf Modelle erfolgskontrollierten, instrumentellen Handelns reduziert werden dürfe. Die Suche nach der priesterlichen Identität müsse immer beachten, dass sie ein Sakrament und somit ein Geschenk Christi an seine Kirche ist. "Die Frage, welche Priester die Kirche in Deutschland in Zukunft benötigt, steht mithin in engem Zusammenhang mit den Bestimmungen zur priesterlichen Identität", so der Abschlussbericht. Das wiederum sei bedeutsam für Konzepte der Berufungspastoral und Priesterbildung, wie sie auf nationaler Ebene zu entwickeln seien.
Papst-Aussagen zu "viri probati"
Kardinal Reinhard Marx betonte zum Abschluss der Vollversammlung, die jüngsten Aussagen von Papst Franziskus in der Wochenzeitung "Die Zeit" zur möglichen Priesterweihe von "viri probati" bezögen sich auf "extreme pastorale Situationen" in entlegenen Gegenden. Man müsse über die Frage einer Weihe von "viri probati" - verheiratete, erprobte Männer - sehr genau nachdenken und mögliche Vor- und Nachteile genau abwägen; Denk- oder Redeverbote gebe es in dieser Frage aber nicht.
Zugleich sprach sich Marx gegen Änderungen bei der Ehelosigkeit von Priestern aus. Eine Abschaffung des Zölibats wäre ein "gravierender Einschnitt in die Geschichte und Spiritualität der Kirche". So etwas dürfe man nicht einfach ausprobieren, und man dürfe auch nicht den Eindruck erwecken, als stehe eine solche Änderung bald bevor. "Ich sehe keine Willensbildung in der Weltkirche, die Ehelosigkeit von Priestern abzuschaffen", so Marx wörtlich.
Ökumene
Im Jahr des Reformationsgedenkens war auch die Ökumene ein Schwerpunkt der Vollversammlung. Vorrangig blickten die Bischöfe hierbei auf die ökumenischen Akzente des Gedenkjahres. Die bisherigen Initiativen, unter anderem die gemeinsame Pilgerreise in das Heilige Land oder die ökumenische Bibeltagung in Stuttgart, hätten "schon jetzt der Ökumene neue Impulse gegeben", so die Bischöfe. Weitere Höhepunkte des Gedenkjahres sollen der für diesen Samstag geplante Buß- und Versöhnungsgottesdienst in Hildesheim und ein ökumenisches Fest "Wie im Himmel, so auf Erden" am 16. September in Bochum sein.
Mit Blick auf die Situation konfessionsverschiedener Ehen und deren Teilnahme an der Eucharistie deutete Kardinal Marx Veränderungen an. Angesichts des hohen Anteils konfessionsverschiedener Ehen und Familien in Deutschland sähen die Bischöfe hier "eine dringende pastorale Aufgabe". Im Rahmen der Vollversammlung habe es zu diesem Thema eine "ernste Debatte" gegeben. Dabei sei auch noch einmal klar geworden, dass die Bischofskonferenz nach Maßgabe des Kirchenrechts Regelungen über den Kommunionempfang nicht-katholischer Christen unter bestimmten Voraussetzungen treffen könne. "Wir haben hier noch kein Ergebnis, aber wir sind mit der während der Vollversammlung geführten Diskussion auf einem guten Weg."
Überdiözesane Haushaltsfragen
Nach den teilweise kontroversen Debatten der vergangenen Monate waren auch die beschlossenen Kürzungen beim Haushalt des Verbandes der Diözesen Deutschlands (VDD) Thema der Vollversammlung. Der VDD ist der Rechtsträger der Bischofskonferenz, über den die überdiözesanen Ausgaben der Kirche in Deutschland finanziert werden. Als ein konkretes Ergebnis der Tagung soll der sogenannte Verbandsausschuss des VDD noch einmal mit den von Einsparungen betroffenen Institutionen sprechen und darüber im Juni berichten, so Kardinal Marx zum Abschluss.
Betroffen sind unter anderem Zuschüsse für einige deutsche Kirchengemeinden im Ausland sowie die Friedensbewegung "pax christi". In der Regel gehe es hier aber um Zuschüsse für die Zeit ab dem Jahr 2020, ergänzte Marx, und nicht um Gelder für dieses oder für das nächste Jahr.
Sterben in Würde
Mit Blick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Selbsttötung erneuerte Kardinal Marx die Kritik der Bischöfe an dem Richterspruch. Das Gericht hatte in der vergangenen Woche ein Recht von schwerstkranken Patienten auf einen selbstbestimmten Tod in bestimmten Fällen festgestellt. "Die Entscheidung erfüllt uns mit großer Sorge und wirft erhebliche Fragen auf. Es kann nicht sein, dass der Staat dazu verpflichtet wird, die Hand zum Suizid zu reichen", so Marx im Abschlussbericht. Der Urteilsspruch der vergangenen Woche scheine sich über grundlegende Wertungen des Gesetzgebers hinwegzusetzen, indem er die Tür zum staatlich assistierten Suizid - wenn auch nur einen Spalt weit - öffne. Marx äußerte erneut die Hoffnung, dass das Urteil vor dem Bundesverfassungsgericht keinen Bestand haben werde.
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Flüchtlingsfrage
Der Sonderbeauftragte der Bischofskonferenz für Flüchtlingsfragen, Hamburgs Erzbischof Stefan Heße, berichtete bei der Vollversammlung über aktuelle Entwicklungen in der kirchlichen Flüchtlingshilfe. Demnach wurde das Engagement für Flüchtlinge im vergangenen Jahr auf allen Ebenen des kirchlichen Lebens erheblich ausgeweitet. Dies betreffe vor allem die Handlungsfelder Ehrenamt, Seelsorge, Wohnraum sowie Bildung und Integration.
Nach neuesten Zahlen der Bischofskonferenz wendeten die 27 deutschen Bistümer im vergangenen Jahr insgesamt 127,7 Millionen Euro für die Flüchtlingshilfe auf: rund 53,4 Millionen Euro für die Förderung von Initiativen im Inland und rund 74,3 Millionen Euro für Hilfsprojekte in Krisenregionen. Zum Vergleich: Im Jahr 2015 hatten die Diözesen und Hilfswerke 112 Millionen Euro für die Flüchtlingshilfe bereitgestellt.
Die rund 100.000 ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer in den Kirchengemeinden, den Ordensgemeinschaften, den katholischen Verbänden und bei der Caritas hätten entscheidend dazu beigetragen, dass sich die "Willkommenskultur" für Flüchtlinge und Asylbewerber zu einer "Integrationskultur" weiterentwickelt habe, heißt es im Abschlussbericht.
Personalien
Bei der Vollversammlung beschlossen die Bischöfe auch einige Personalien. So ist der Paderborner Weihbischof Dominicus Meier neues Mitglied der Migrationskommission der Bischofskonferenz. Der Münchner Weihbischof Rupert Graf zu Stolberg wurde zum Mitglied der Publizistischen Kommission gewählt und der Essener Weihbischof Ludger Schepers arbeitet künftig in der Koordinierungskonferenz zwischen der Deutschen Bischofskonferenz und der Deutschen Ordensobernkonferenz (DOK) mit.
Zur neuen Leiterin des Bereichs Kirche und Gesellschaft im Sekretariat der Bischofskonferenz wurde Dagmar Nelleßen-Strauch bestellt. Sie ist die einzige weibliche Bereichsleiterin in der Behörde. Timo Güzelmansur wurde als Leiter der Christlich-Islamischen Begegnungs- und Dokumentationsstelle CIBEDO in Frankfurt bestätigt. (mit Material von KNA)