Münster diskutiert über das Kreuz
17:50 h - Ramelow wünscht sich Katholikentag in Erfurt
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat sich für einen Katholikentag in Erfurt ausgesprochen. "Ich persönlich würde den Katholikentag 2024 in Erfurt als wunderbares Zeichen für religiöse Vielfalt sehr begrüßen", hieß es in einer Mitteilung der Staatskanzlei am Samstag. Ramelow ist selbst Protestant. Während des am Sonntag endenden Katholikentags 2018 in Münster war die Diskussion um eine Bewerbung Erfurts bekannt geworden. Verschiedene Medien hatten darüber berichtet.
In Thüringen zählt die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland mit rund zwei Millionen Gläubigen im Jahr 2016 die meisten Mitglieder. Das Bistum Erfurt bezifferte die Zahl seiner Mitglieder im gleichen Jahr auf rund 150.000. Zudem haben auch die Bistümer Fulda und Dresden-Meißen Gebiete in Thüringen.
17:40 h - Bischof Dieser rät Männern zum Mannsein
Aachens Bischof Helmut Dieser hat die Männer aufgefordert, ihr Mannsein zu leben. In der Gesellschaft gebe es derzeit ein Männerproblem, sagte er am Samstag auf dem Katholikentag in Münster. Viele schwiegen über ihre Gefühle hinsichtlich Sexualität und Liebe, weil sie an sich zweifelten. Ein Grund dafür seien Debatten über sexualisierte Gewalt. Auch fühlten sie sich von den von außen auf sie zukommenden Erwartungen bezüglich ihrer Rollen als Ehemann, Liebhaber, Vater, Ernährer überfordert. Männer litten, weil sie nicht sein könnten, wie sie sind, so der Bischof. Notwendig sei die Anerkennung der Gleichstellung von Frau und Mann und das Engagement von Männern für Geschlechtergerechtigkeit.
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16:50 h - Tag der Entschuldigungen in Münster
Buchautor Erik Flügge hat seine Kritik am Katholikentag zurückgenommen. Großveranstaltungen dieser Art täten gerade den aktiven Gemeindemitgliedern gut, sagte Flügge am Samstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Bonn. Wichtig sei bei einer Bilanz allerdings ein nüchterner Blick. Einerseits transportiere ein Katholikentag die Botschaft "Wir sind viele" – andererseits dürfe man nicht vergessen, dass ein derartiges Event nur diejenigen erreiche, die sich sowieso schon in der Kirche engagierten.
Flügge hatte zuvor in der "Augsburger Allgemeinen" vom Dienstag den Katholikentag als "brutale Geldverschwendung" kritisiert. Nach eigener Aussage hatte er sich noch am selben Tag beim Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg, entschuldig. Er habe vor allem befürchtet, dass der Streit um die AfD die Veranstaltung überlagern werde, sagte Flügge jetzt. Doch das sei nicht der Fall, so der Germanist und Politologe, der selbst in Münster war.
Hirschhausen entschuldigt sich für "Oblaten"-Aussage
Ebenfalls mit der Bitte um Entschuldigung meldete sich am Vormittag der Kabarettist Eckart von Hirschhausen zu Wort. Es tue ihm leid, wenn er am Vortag bei einer Veranstaltung Gefühle von Menschen verletzt habe, sagte er nun. Das sei nicht seine Absicht gewesen.
Der Protestant Hirschhausen hatte bei einer Podiumsdiskussion mit dem Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki gesagt, er zahle über seine katholische Ehefrau auch Kirchensteuern. Dafür wolle er "auch die Oblate - oder mein Geld zurück". Es gebe wichtigere Menschheitsfragen. Der Kardinal hatte entgegnet, diese Wortwahl zeige ein grundverschiedenes Verständnis von Kommunion.
Von Hirschhausen sei es darum gegangen, dass Christen ein Signal aussenden sollten, dass sie eine Gemeinschaft bilden angesichts großer gemeinsamer Herausforderungen, erklärte er nun. Weiter sagte er, manchmal brauche es einen Hofnarren, der Dinge ungeschminkt ausspreche. Er selbst sei "auch verletzt" gewesen. Der Mediziner zitierte seine Frau, die als Mediatorin arbeitet. Sie habe einen Grundsatz: Man solle allen Menschen gute Absicht unterstellen bei dem, was sie tun. Hirschhausen betonte, er wünsche sich, dass es beim geplanten Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt 2021 "möglich sein wird, gemeinsam zu feiern".
14:15 h - Bayerns Innenminister Herrmann verteidigt Kreuz-Erlass
Auch am Samstag wurde auf dem Katholikentag weiter über den Kreuz-Erlass der bayerischen Landesregierung diskutiert. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU), der die Kabinettsvorlage miterarbeitet hatte, verteidigte den Beschluss: "Unseren Werten soll mit dem Kreuz sichtbarer Ausdruck gegeben werden", erklärte er. "Es soll zudem eine Einladung an alle sein, Nächstenliebe und Menschenwürde zu leben." Das Kreuz könne niemals ausgrenzen. Es sei kein bayerisches, nationales oder staatliches Symbol.
Unterdessen wies Kardinal Reinhard Marx die Vorwürfe von CSU-Chef Horst Seehofer zurück. Dieser hatte dem "Spiegel" (Samstag) gesagt, er habe für die von Marx zuvor geäußerte Kritik am Kreuzerlass "keinerlei Verständnis". Marx wiederum entgegnete nun in Münster, er könne den Vorwurf Seehofers, das Aufhängen von Kreuzen zu kritisieren, nicht nachvollziehen: "Es gibt keine Veranlassung für mich, etwas gegen Kreuze im öffentlichen Raum zu haben." Es gehe ihm lediglich darum, dass der Staat hier nicht alleine aktiv werden solle, sondern am besten mit den Kirchen zusammen. Entscheidend sei, so der Kardinal weiter, "das Kreuz mit Inhalt zu füllen und zum Zeichen des Miteinanders zu machen – nur darum ging es mir".
Herrmann hofft auf Respekt zwischen Religionen
Die bayerische Landesregierung verbinde mit ihrem Erlass auch die Erwartung, dass die Religionen einander respektieren sollten, so Herrmann. "Wir werden den Frieden nicht erreichen, wenn wir die Religion aus dem öffentlichen Raum verdrängen, sondern nur durch gegenseitigen Respekt."
Jouanna Hassoun, Vorstandsmitglied der Hilfsorganisation Transaidency und Muslimin, betonte, das Kreuz sei für sie ein selbstverständliches Symbol. Im Wahlkampf werde "unglaublich am rechten Rand gefischt" und "extrem polarisiert". In dieser Hinsicht störe sie die Debatte um das Kreuz, wenn auch nicht das Kreuz selbst. Am 14. Oktober wählt der Freistaat ein neues Parlament.
Der Theologe Ulrich Hemel sagte, Religionen seien grundsätzlich anfällig für Missbrauch. Das gelte auch für das Kreuz. Für eine sinnvolle Auseinandersetzung brauche es "ein Minimum an religiöser Sprachfähigkeit", das jeder Mensch unabhängig vom persönlichen Glauben haben solle. Hemel, der Vorsitzender des Bundes Katholischer Unternehmer (BKU) ist, sagte, viele Debatten seien undifferenziert. Auch manche Medienvertreter hätten von Religiösem keine Ahnung.
13 h - Lammert fordert mehr Mitbestimmung für Laien
Der Chef der Konrad-Adenauer-Stiftung Norbert Lammert hat mehr Mitbestimmung von Laien gefordert. Von Synodalität sei zwar viel die Rede, er könne sie aber in der Kirche nirgendwo feststellen, sagte Lammert am Samstag beim Katholikentag in Münster. "Was alle angeht, muss von allen besprochen werden", zitierte er bei einem Podium einen Satz von Papst Franziskus, der die Stärkung der Synodalität zu einem zentralen Element seiner Amtszeit erklärt hat. Wenn die Kirche mehr Menschen erreichen wolle, müsse sie sich stärker demokratisieren, so Lammert, der von 2005 bis 2017 Präsident des Bundestags war.
"Ich habe den Eindruck, bei Gott ist alles möglich, doch bei seiner Kirche nur ein Teil davon", sagte der CDU-Politiker an die Adresse der Deutschen Bischofskonferenz. Zwar sei die Kirche kein Staat. Er wolle sich aber nicht damit abfinden, dass er als Staatsbürger Rechte wie das Wahlrecht genieße, als Kirchenmitglied aber nicht.
Heße: Es gibt genug Gläubige, die Verantwortung übernehmen
Der Hamburger Erzbischof Stephan Heße sagte bei dem Podium, er profitiere sehr vom Rat und der Kompetenz von Laien. Allerdings dürfe ein Bischof "nicht über jedes Stöckchen springen, dass ihm hingehalten wird". Er gab zu bedenken, es fänden sich längst nicht in jedem Pfarrbezirk genügend Menschen, die Mitverantwortung übernehmen wollten. Die Kirche lebe von der Mitgestaltung der Gläubigen, dürfe aber keine "Servicekirche" sein, in der sich die Mitglieder nur "das holen, was sie gerne hätten".
12:45 h - Marx: Andere beneiden uns für den Katholikentag
Kardinal Reinhard Marx hält die oft kritisierte Veranstaltungsform des Katholikentags für wichtiger denn je. "Wir brauchen ein solches offenes Forum, und wir sind dankbar dafür", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz am Samstag in der Bilanzpressekonferenz des Katholikentags in Münster. Viele Bischöfe aus anderen Ländern sagten ihm immer wieder, dass sie "fast schon neidisch" seien auf eine solche Veranstaltungsform, die es in ihren Ländern nicht gebe.
Marx freut sich über Politiker auf dem Katholikentag
Katholikentage seien wichtig für die "innerkirchliche Vergewisserung", aber auch als "wichtiges Signal nach außen in die Gesellschaft". Zudem, so Marx weiter, "bieten sie Raum für einen offenen, ausführlichen und differenzierten Dialog, wie er sonst nur selten möglich ist". Positiv hob der Kardinal hervor, dass sehr viele hochrangige Politiker nach Münster gekommen seien. Auf einem Katholikentag seien auch die Politprofis anders herausgefordert, müssten sich Fragen nach dem Glauben stellen und könnten nicht einfach ihr übliches Programm abspulen.
Der Katholikentag ist aus Sicht von Marx auch eine gute Möglichkeit, auf die besonderen aktuellen Herausforderungen zu reagieren. Konkret nannte er eine voranschreitende Entchristlichung der Gesellschaft, eine zunehmende Fundamentalisierung aller Religionen und Versuche in allen Religionen, diese zu instrumentalisieren für politische Zwecke. "Bei allen drei Themen gilt es, kühlen Kopf zu bewahren, auch zusammen zu beten und Gottesdienst zu feiern und offene Debatten zu führen, wobei man auch andere ausreden lässt und sich Zeit zum Zuhören nimmt."
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11:30 h - Genn erlebt keinen "Friede-Freude-Eierkuchen-Katholikentag"
Münsters Bischof Felix Genn ist "höchst zufrieden" mit dem Katholikentag in seiner Stadt. Das Christentreffen unter dem Motto "Suche Frieden" sei keine "Friede-Freude-Eierkuchen-Veranstaltung" gewesen, bilanzierte Genn am Samstagvormittag. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, betonte, dass der Katholikentag mit seinem Leitwort so aktuell wie selten gewesen sei. Als Beispiele nannte er die Entscheidung des US-Präsidenten Donald Trump, das Abkommen mit dem Iran aufzukündigen, sowie die Kontroversen zum bayerischen Kreuzerlass und über die Zulassung evangelischer Ehepartner zur Kommunion. Der 101. Katholikentag endet am Sonntag mit einem großen Freiluftgottesdienst.
Genn sagte, er habe die Diskussionen zum Leitwort als konstruktiv und offen, mitunter auch zugespitzt, aber immer als respektvoll erlebt. "Auch Kirchenkritiker müssen einräumen, dass es einen solch breiten öffentlichen Diskurs heute nur noch auf den evangelischen Kirchentagen und Katholikentagen gibt." Vom Katholikentag gehe die Botschaft aus, dass es sich lohne, "hart dafür zu arbeiten, dass der Friede das letzte Wort" haben müsse. "Wir dürfen und werden es nicht zulassen, dass Terror, Gewalt, Fremdenhass, Antisemitismus und rechte Hetze unsere Welt und Gesellschaft zerstören."
Der Katholikentag sei "hochpolitisch" gewesen, betonte Sternberg. Auf den Podien sei der Ton "eher nachdenklich als kämpferisch, eher fragend als bestimmend" gewesen. "Katholikentagsteilnehmer sind nicht auf der Suche nach einfachen Antworten, sondern nach differenzierter Argumentation und respektvoller Auseinandersetzung." Dies gelte beispielsweise für die Veranstaltungen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem kolumbianischen Staatspräsidenten Juan Manuel Santos.
Freitag, 19:30 h - Theologe wirbt für Umdenken in der Kirche
Das Ende der "Angestellten- und Beamtenkirche" sieht der Mainzer Theologe Valentin Dessoy. Beim Katholikentag in Münster sagte er, das Prinzip der Teilhabe sei noch kein "Teil der kirchlichen DNA". In diesem Punkt gebe es Nachholbedarf, räumte der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr ein. Menschen, die getauft und gefirmt seien, sollten mehr Verantwortung übernehmen dürfen. Dessoy ergänzte, es gelte, Laien zu Akteuren zu machen. "Dafür braucht es Ideen, die wir heute noch gar nicht im Kopf haben."
Neymeyr betonte weiter, dass auch Frauen eine größere Rolle spielen müssten. In diesem Punkt sei die katholische Kirche "nicht ganz hoffnungslos aufgestellt, aber auch nicht gut". Hoffnung machten ihm die vielen Frauen, die sich in der Kirche engagierten und zum Teil auch schon Führungspositionen innehätten. Es gebe aber noch viel Luft nach oben, so der Bischof. Jesus Christus sei als Mann geboren worden, habe darauf aber nie besonderen Wert gelegt, fügte Neymeyr hinzu. "Wichtig war ihm, dass er Jude war." Dennoch seien heutige Priester und Bischöfe eben keine Juden mehr - das zeige, dass Entwicklungssprünge in der Kirche durchaus möglich seien.
Neymeyr forderte auch, "Kirche" nicht allein an Kirchengebäuden festzumachen. Ein "Kirchort" könne auch eine katholische Kita sein: "Eltern bringen ihre Kinder bewusst dorthin und erleben dort Kirche." Der unter Protest aus der Gemeindeseelsorge ausgestiegene katholische Priester und Buchautor Thomas Frings warb für experimentelle Formen des Gemeindelebens. Ein Ort, mit dem sich Gläubige identifizierten, könne mehr Strahlkraft haben als mehrere Orte, die niemand besuche. "Heute wird zu oft gefragt, was der Priester noch alles leisten kann."
Freitag, 18:40 h - Kohlgraf: Bischöfe sind keine Herrscher
Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat sich für eine Aufwertung des Prinzips der Synodalität in der Kirche ausgesprochen. Das gelte auch für das Amt eines Bischofs, das mit Verantwortung und Leitung zu tun habe, "aber nicht unbedingt mit Herrschaft", sagte Kohlgraf am Freitag beim Katholikentag in Münster. Er warnte auch vor einer falschen Konkurrenz zwischen Klerus und Laien.
Auf die Frage nach der Weihe von Frauen zu Diakoninnen oder Priesterinnen warnte Kohlgraf vor der Ansicht, dass nur derjenige im vollen Sinne Christ sei, der auch geweiht sei. Es gebe unterschiedliche Dienste, aber eine gemeinsame Berufung zur Heiligkeit. Dabei sei auch ein Bischof "nicht heiliger" als andere Christen.
Kohlgraf verwies zugleich darauf, dass Papst Franziskus eine Arbeitsgruppe mit der Frage nach dem Diakonat der Frau betraut habe. Sollten aber Frauen Christus im Amt des Diakons repräsentieren können, stelle sich als nächstes die Frage, weshalb dies nicht in allen Ämtern möglich sei. (kim/KNA/dpa)