Gemeinsames Dach für Christen und Muslime
Ziel ist es, bei aller Eigenständigkeit der Bekenntnisse durch das gemeinsame Haus die Kommunikation und Kooperation zu fördern. In einer Welt, die gerade unter vielen religiös motivierten Konflikten leidet, geht damit von der Stadt des Westfälischen Friedens ein deutliches Signal der Verständigung aus. Für den 9.000-Quadratmeter-Komplex ist ein zweistelliger Millionenbetrag veranschlagt. Zuschüsse kommen vom Land Nordrhein-Westfalen und 23 Millionen Euro von der Uni selbst. Die Pläne sehen eine gemeinsamen Dienstleistungseinheit vor, die etwa Räume, Personal und eine fakultätsübergreifende Bibliothek mit mehr als einer halben Million Bände verwaltet.
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Die Dekanin der katholischen Fakultät, Judith Könemann, begrüßte wie ihr evangelischer Amtskollege Hermut Löhr das Vorhaben als "große Chance". Das ökumenische und interreligiöse Gespräch werde durch die kurzen Wege noch einfacher und selbstverständlicher werden als bisher schon, sagte Könemann auf Anfrage. Vor allem die große religionsbezogene Bibliothek schaffe erhebliche Synergieeffekte. Auch der Vizevorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD), Mohammed Khallouk, findet das Projekt gut. Ziel des neuen Campus müsse "ein gleichberechtigter Wettbewerb aller drei Konfessionen sein". Darin sollte jede Seite versuchen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszuarbeiten, "um so den interreligiösen Dialog auf Augenhöhe auf eine wissenschaftliche Grundlage zu stellen".
Schon jetzt ein starkes Profil
In den Bereichen Theologie und Religion weist die Hochschule schon jetzt ein starkes Profil auf. Die katholische Fakultät ist laut Uni mit mehr als 20 Professoren die größte theologische Einrichtung an einer staatlichen Hochschule in Europa. Auch die evangelische Fakultät mit 15 Professoren gehört zu den größeren ihrer Art. Zudem forschen 200 Wissenschaftler aus rund 20 geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächern in einem Exzellenzcluster zum Thema "Religion und Politik".
Ganz vorn ist die Hochschule auch im Bereich der muslimischen Theologie. 2011 gründete sie das Zentrum für Islamische Theologie (ZIT), um besonders Religionslehrer auszubilden. Es zählt inzwischen 600 Studierende, obwohl es um die Einrichtung seit Beginn ein ziemliches Gezerre gab. ZIT-Leiter Mouhanad Khorchide stand längere Zeit unter Beschuss der Islam-Verbände, die ihm mangelnde Wissenschaftlichkeit und fehlende Bekenntnisgebundenheit nachweisen wollten.
Linktipp: Sand im Getriebe
Mouhanad Khorchide lehrt an der Universität Münster Islamische Theologie. Seine Studenten könnten später als Imame arbeiten. Vor allem aber bildet der Lehrstuhl-Inhaber angehende Lehrer aus. Der Bedarf ist groß. Die Schulen in Nordrhein-Westfalen brauchen in den nächsten Jahren immer mehr solche Lehrer. Macht Khorchide seine Sache gut? Darüber ist ein Streit mit den vier großen Islam-Verbänden entbrannt, der bundesweit Beachtung findet.Und immer wieder gab es Ärger um den Beirat, der über die Lehrinhalte und die Auswahl von Professoren entscheiden soll. Er konnte lange nicht zusammentreten, weil die Verbände zum Teil Vertreter bestimmten, deren Verfassungstreue infrage stand. Erst seit Mai arbeitet das Gremium, weshalb bislang nur einer der sieben geplanten Lehrstühle mit ZIT-Leiter Khorchide besetzt ist. Außer ihm stemmen ein Vertretungsprofessor und viele promovierte Kräfte den Lehrbetrieb. Deshalb gilt es also erst einmal, die personellen Lücken zu schließen. Ein Ausbau zur Fakultät wirkt da sehr ambitioniert.
Auf dem Campus sollen künftig für die rund 4.000 Theologiestudenten 430 Mitarbeiter tätig sein. Das im ersten Bauabschnitt entstehende Gebäude soll 2021 bezogen werden. Bei aller Gemeinsamkeit: Die Berufung von Professoren oder Prüfungs- und Studienordnungen bleiben - schon aus religionsrechtlichen Gründen - Sache der jeweiligen Fakultäten.
In dem Gebäude soll auch Platz sein für die schon bestehende Professur für Orthodoxe Theologie. Aus Sicht der Hochschule lässt es die gemeinsame Administration sogar zu, dass sich das Zentrum für noch weitere Religionen öffnet. Die Uni würde sich noch einmal toppen, sollte sie eines Tages buddhistischen oder hinduistischen Theologen eine wissenschaftliche Heimat geben.