"Gerade jetzt müssen wir Weihnachten feiern"
Der Berliner Erzbischof Heiner Koch sieht nach dem Terroranschlag an der Kasier-Wilhelm-Gedächtniskirche keinen Widerspruch zum Fest der Geburt Christi. "Weihnachten ist eine Nacht der Verzweiflung, des Alleinseins, des Nicht-wertgeschätzt-Seins. In diese Nacht hinein ist Jesus gekommen", sagte der Erzbischof im Interview der Zeitung "Die Welt" (Mittwoch). Jesus sei fern der Heimat auf der Flucht auf die Welt gekommen. Insofern sei das Weihnachtsfest eine trostreiche Nacht, denn Gott habe uns nicht alleingelassen.
Koch fügte hinzu, dass Weihnachten auch ein Ausdruck der Liebe sei, die man anderen Menschen schenke. "Es wäre völlig kontraproduktiv und dem Wunsch der Terroristen entsprechend, wenn wir diese Geste des Freudeschenkens und des Liebens nicht setzen würden." Genau dies wollten die Täter. "Gerade jetzt müssen wir Weihnachten feiern", erklärte der Berliner Erzbischof.
"Eine Nagelprobe unseres Glaubens"
Kritik übte Koch daran, den tragischen Anschlag für Hetze gegen Politiker und Flüchtlinge zu missbrauchen: "Es verbietet sich, Leid zu instrumentalisieren." Man könne einzelne politische Schritte zwar für nicht richtig oder nicht genügend halten. "Aber einem Menschen, Politikern oder den Flüchtlingen insgesamt eine Schuld am Berliner Anschlag zu unterstellen, das ist unverschämt", sagte der Erzbischof. Zudem glaubt er nach seinen eigene Worten ganz fest daran, dass Gott uns auch in dieser furchtbaren Situation nicht allein lässt. "Das ist eine Nagelprobe unseres Glaubens und Vertrauens", so Koch. Er wünsche sich außerdem, dass vor jedem Handeln bei allen "die Geduld des Besinnens" stehe.
Am Montagabend war ein Lastwagen in einen Weihnachtsmarkt an der Kasier-Wilhelm-Gedächtniskirche gerast. Dabei wurden zwölf Menschen getötet. Die Behörden gehen von einem terroristischen Hintergrund aus; laut Medienberichten vom Dienstagabend reklamierte die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) die Tat für sich. (KNA)