Mitarbeitervertretung darf kritische Meinungen äußern

Gericht stärkt Meinungsfreiheit für Kirchenmitarbeiter

Veröffentlicht am 20.11.2015 um 17:15 Uhr – Lesedauer: 
Arbeitsrecht

Bonn ‐ Der kirchliche Arbeitsgerichtshof hat am Freitag entschieden, dass Mitarbeitervertretungen der Kirchenangestellten auch kritische Meinungen vertreten dürfen. Offene Kritik an Leitungspersonen sei demnach nicht grundsätzlich ein Loyalitätsverstoß.

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Die Mitarbeitervertretung hatte im März 2014 in einer Pressemitteilung einen Text veröffentlicht, in dem Sparmaßnahmen der Bistumsleitung kritisiert wurden. Dies verstieß nach Ansicht der Richter weder in Form noch Inhalt gegen das Loyalitätsgebot. Daher sei das Revisionsbegehren des Bistums auch in der zweiten und letzten Instanz der kirchlichen Arbeitsgerichtsbarkeit zurückzuweisen (Az. M13/2014).

Die Vorsitzende der GesMAV, Lydia Schmitt, zeigte sich "mehr als froh" über die Entscheidung. Besonders dankbar sei sie für die Stärkung der innerkirchlichen Meinungsfreiheit durch das Gericht. "Wir werden uns auch weiterhin deutlich äußern, denn es geht uns um die Sache", sagte die Gemeindereferentin. Das Urteil bedeute eine enorme Stärkung der Arbeit der Mitarbeitervertretungen. Der Sprecher des Bistums Trier, Andre Uzulis, erklärte, das Bistum akzeptiere die Zurückweisung der Revision. "Jetzt liegt eine Klarstellung durch das Gericht vor, und dies war unser Anliegen", so Uzulis.

Bistum scheiterte bereits in erster Instanz

Im November 2014 war das Bistum Trier in der Angelegenheit bereits in erster Instanz vor dem Kirchlichen Arbeitsgericht in Mainz gescheitert. Dagegen legte das Bistum Berufung ein. Im Juli riet Arbeitsgerichtspräsident Richardi dem Bistum als Dienstgeberseite, den Revisionsantrag zurückzuziehen. In diesem Fall wäre es bei dem erstinstanzlichen Urteil geblieben. Das Bistum blieb jedoch bei seiner Berufung und verwies darauf, es wolle eine klare gerichtliche Entscheidung herbeiführen - unabhängig von deren Ausgang.

Linktipp: Kirchliches Arbeitsrecht bald bundesweit gültig

Ab 2016 wird das neue Arbeitsrecht der Kirche für all ihre Mitarbeiter bundesweit gelten. Denn am Dienstag stimmten auch die drei letzten Bistümer, Eichstätt, Passau und Regensburg, den Reformen zu - auch wenn ihre Bedenken bleiben.

Das Bistum vertrat damals die Ansicht, dass die GesMAV kein Recht zur Veröffentlichung der Pressemitteilung gehabt habe. Das Vorpreschen in die Öffentlichkeit habe gegen das Gebot vertrauensvoller Zusammenarbeit verstoßen und zu einer erheblichen Störung des Betriebsfriedens geführt. Das Mainzer Gericht hatte in erster Instanz jedoch entschieden, dass sich die GesMAV inhaltlich noch in den Grenzen einer zulässigen Stellungnahme bewegt habe, da diese weder Unwahrheiten noch Interna oder Verdrehungen der Gegebenheiten enthalten habe.

Der Kirchliche Arbeitsgerichtshof als höchste Instanz schloss sich im wesentlichen dieser Einschätzung an. Richardi erklärte, im Hinblick auf die vertrauensvolle Zusammenarbeit sei entscheidend, ob das Bild des Arbeitgebers beschädigt worden sei, weil falsche Tatsachenbehauptungen oder Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse geäußert wurden. "Äußerungen, die den Betriebsfrieden belasten können, sind zu unterlassen, das gilt auch, soweit sie sich auf die Lehre der Kirche beziehen", sagte Richardi. Dies alles sei durch die Pressemitteilung der GesMAV nicht gegeben.

Unterschiedliche Interessen sind "selbstverständlich"

Keine Rolle könne spielen, dass ein Interessengegensatz zwischen Dienstgeber- und Dienstnehmerseite bestehe, so der Gerichtspräsident weiter. Das sei auch nach Auffassung der Bischöfe "eine Selbstverständlichkeit", sagte Richardi. Kritik in sachlicher Form und in den genannten Grenzen bedeute demnach keinen Verstoß gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Die GesMAV des Bistums Trier vertritt rund 2.700 Mitarbeiter in den Einrichtungen der Diözese. (KNA)