Beten auf Internetseiten und mit Smartphone-Apps

Gott digital begegnen

Veröffentlicht am 01.10.2016 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Gott digital begegnen
Bild: © KNA
Glaube

Bonn ‐ Ein Klick auf "Amen", und das Gebet ist beendet: Viele Seiten im Internet und auch einige Smartphone-Apps bieten Unterstützung beim Beten an. Katholisch.de stellt einige Angebote vor.

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Für das klassische Gebet braucht man normalerweise kein Zubehör. Es ist, vielleicht abgesehen von einem Rosenkranz, an dem sich die Finger orientieren, auch eine sehr innerliche Angelegenheit. Wie passt es da zusammen, dass es immer mehr Internetseiten und Smartphone-Apps gibt, die beim Beten helfen wollen? Darunter findet sich alles vom Online-Fürbittenbuch und virtuellen Kerzen über gemeinsame Gebetsverabredungen und Gebetskreise in den sozialen Medien bis zu Apps, die gleich als komplexer geistlicher Begleiter helfen wollen.

Für Andrea Imbsweiler bedeutet es keinen wesentlichen Unterschied, ob jemand eine richtige Kerze anzündet, um zu beten, oder ob er mit einem Klick den Docht einer virtuellen Kerze zum Brennen bringt. "Wenn ich in einer Kirche bin, ist die Atmosphäre natürlich anders, als wenn ich am Computer oder Smartphone sitze", so die Referentin für Glaubensinformation und Online-Beratung der katholischen Arbeitsstelle für missionarische Pastoral in Erfurt. "Letztendlich ist aber die Intention entscheidend, eine Situation oder einen anderen Menschen vor Gott zu bringen."

Schnell und anonym Mitbeter finden

Mit seinem Gebet online zu gehen, habe Vorteile, meint Imbsweiler. "Man kann, selbst wenn man in seiner Umgebung keine Mitbeter hat, im Internet Menschen finden, die für einen beten können." Gerade bei großen Sorgen helfe es manchen Menschen, sein Anliegen anderen zu schildern, anstatt es im stillen Gebet nur Gott anzuvertrauen, hat sie beobachtet. "Das zu formulieren, was einem auf dem Herzen liegt, damit jemand anderes sich einfühlt, das ist manchen ein Bedürfnis. Die Gewissheit, dass jemand ihr Anliegen mit in sein Gebet nimmt, tut ihnen gut." Das virtuelle Fürbittenbuch hat im Gegensatz zu den Papiernen in den Kirchen den Vorteil, dass Eintragungen vollkommen anonym gemacht werden können. "Das ist dann eine Hilfe, wenn das Gebetsanliegen dem Beter peinlich ist", erklärt Imbsweiler. Gleichzeitig kann es jedoch auch ein Nachteil sein: "Durch die Anonymität bleibt der Beter in seiner Deckung. Vielleicht würde es ihm aber helfen, wenn er sein Anliegen auch mit einem Menschen bespricht."

Bild: ©Screenshot kirche-in-not.de

Virtuelle Kerzen können bei "Kirche in Not" entzündet werden.

Welche der vielfältigen Online-Gebetsformen dem Einzelnen zusagt und ob ein Angebot letztendlich zu einer Vertiefung des Glaubens beitragen kann, müsse jeder selbst ausprobieren, so Imbsweiler: "Das Ausprobieren lohnt sich, vieles ist ja kostenlos und man muss sich nicht einmal registrieren." Wie bei anderen Internetseiten und Apps auch sollte man aber einige Vorsichtsmaßnamen bei der Nutzung beachten: Neben dem Blick ins Impressum, um den Anbieter der Seite herauszufinden, empfiehlt Imbsweiler, mit seinen Daten sparsam umzugehen.

"Wer zum Beispiel auf einer öffentlich einsehbaren Gebetswand schreibt, sollte nicht seine Adresse oder seinen Klarnamen – oder den von anderen Menschen – veröffentlichen." Außerdem gehöre auch ein wenig Respekt zum Surfen durch virtuelle Fürbittenbücher dazu, findet sie: "Wer sich online mit seinem Gebetsanliegen so öffnet, sollte auch in entsprechender Weise behandelt werden." So sei es nicht fair, Fürbitten etwa nur aus Neugier anzusehen. "Ich meine, dass sich dann wenigstens ein kurzes Gebet gehört."

Auswahl an virtuellen, deutschsprachigen Gebetsangeboten:

  • Eine Art Gebetsbegleitung bieten die Jesuiten unter dem Namen "Sacred Space" an: Der Betende kann sich durch eine Strecke mit Gebetsimpulsen und einer täglich wechselnden Bibelstelle klicken. Zusätzlich lassen sich zum Beispiel Musik und das Hintergrundbild einstellen. Eine Registrierung ist nicht notwendig.
  • Die Twomplet (von "Twitter" und "Komplet") findet täglich um 21 Uhr auf Twitter statt: Unter #twomplet wird gemeinsam gebetet und Fürbitten getwittert. Die Beiträge sind öffentlich lesbar. Wer aktiv mittwittern möchte, muss sich bei Twitter anmelden.
  • Eine virtuelle Kerze kann in der Online-Kapelle des Hilfswerks "Kirche in Not" angezündet werden, auch anonym. Dazu kann das Gebetsanliegen aufgeschrieben werden. 
  • Bei Amen.de kann jeder, wenn gewünscht anonym, Gebetsanliegen eingeben. Wer seine E-Mail-Adresse angibt, kann zudem Rückmeldungen der Beter lesen und Updates zum Anliegen verfassen. Das Anliegen wird an registrierte Beter gesandt, die darauf auch mit Ermutigungstexten reagieren können. Nur wer mitbeten will, muss sich anmelden. Amen.de wird vom SCM Bundes-Verlag betrieben, der zur Deutschen Evangelischen Allianz gehört.
  • Die Tageszeitenliturgie kann sich jeder kostenlos mit der App "Stundenbuch" auf sein Smartphone herunterladen. Außerdem kann die App mit virtuellem Glockenläuten an die Gebetszeiten erinnern. Herausgegeben wird sie vom Katholischen Pressebund e.V. in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Liturgischen Institut. Bei katholisch.de ist das Stundenbuch auch als Internetseite aufrufbar.
  • Die "App2Heaven" will eine App für das Leben mit Gott sein: Mit ihr lassen sich nicht nur Gebetszeiten planen und geistliche Impulse zum Gebet lesen, sondern auch eigene Glaubenserfahrungen und Gebetsanliegen mit anderen Nutzern teilen. Darüber hinaus kann man sich zum Beispiel Sätze aus der Heiligen Schrift notieren und sich daran erinnern lassen oder seine Beichte vorbereiten. Außerdem will die App ihre Nutzer beim geistlichen Tagesausblick und -rückblick unterstützen. Sie wird als Projekt getragen von der Gemeinschaft Emmanuel e.V., die Mitglied im Katholischen Verbund der charismatischen Bundesgemeinschaften und -Vereinigungen ist.
  • In der App "Gott offen" finden sich Grundgebete, Gebetsanleitungen und einen Timer mit Gong für Meditationen sowie die Möglichkeit, Exerzitien im Alltag durchzuführen: Dazu sendet die App jeden Tag einen Meditationstext und kann auch täglich zu einer bestimmten Zeit daran erinnern. Die App wurde vom Erzbistum Köln herausgegeben.
  • In Funcity, einer Chatcommunity, gibt es seit 1998 die Onlinekirche St. Bonifatius, die sogar geweiht ist. Hier kann unter anderem mit einem Seelsorgerteam gechattet und gebetet, eine virtuelle Kerze entzündet, Fürbitten geschrieben und das Onlinekloster mit seinen Angeboten erkundet werden.
Von Johanna Heckeley